Ein Brigitte-Reimann-Spaziergang mit Gästen Deutschland weit, vertreten durch drei Generationen
Es bedarf eines ungewöhnlich langen Atems, wenn ein Kunstverein über Jahrzehnte hinweg Veranstaltungen auf hohem Niveau anbietet und den Gästen im Sinne von Bert Brecht Kunst als Lebenskunst vermitteln möchte. Geleitet wird der Hoyerswerdaer Kunstverein seit nunmehr fast 50 Jahren von Martin Schmidt, der auch die Brigitte-Reimann-Spaziergänge ins Leben rief.
Man folgt bei einem solchen Spaziergang durch die neue und alte Stadt Hoyerswerda den Spuren der Schriftstellerin Brigitte Reimann und hört Texte aus Büchern, die sie in Hoyerswerda schrieb. Professionell werden Zitate aus "Franziska Linkerhand", "Ankunft im Alltag" und aus den Tagebüchern gelesen, von Helene Schmidt und Angela Potowski. Martin Schmidt erzählt die Lebensgeschichte der Brigitte Reimann, die mit vielen persönlichen Begegnungen verbunden ist.
Seit vielen Jahren erfreuen sich die Spaziergänge eines regen Interesses bei den Einwohnern der Stadt und bei vielen Gästen aus dem In- und Ausland. Die Texte kamen schon mehr als 150 Mal zu Gehör, erstaunlicherweise ist es auch für Mitglieder des Kunstvereins immer wieder ein Vergnügen, zu hören, was die junge lebensbegierige Autorin zu sagen hat. Das erzeugt vor allem bei vielen jungen Zuhörern Begeisterung und Zustimmung.
So auch am heutigen Spaziergang, zu dem 41 Personen, von Oma und Opa bis zum Baby, im Rahmen eines 50. Geburtstages gekommen waren, trotz Kälte an einem grauen Tag im Januar. Es waren viele ehemalige Schüler der Stadt dabei, Verwandte und Bekannte von Usedom und Rügen, aus Schwerin, Leipzig, Dresden und Bautzen und anderswo, sie sahen ihre alte Schul- und Heimatstadt voller Erstaunen in einem neuen Blickwinkel, eben auch mit einem neuen Blick auf Literatur, die Lebenskunst ausstrahlt.
Der Spaziergang beinhaltet immer einen Besuch der Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte, ganz in der Nähe der ehemaligen Wohnung von Brigitte-Reimann und Siegfried Pitschmann, die in Hoyerswerda ebenfalls im Januar ankamen, im Jahr 1960. In der Begegnungsstätte werden alle Schriften von und über Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann gesammelt und archiviert, ebenso Originalstücke aus dem Besitz beider Autoren bewahrt.
Die Stadt Hoyerswerda wird durch dieses Engagement von einer weltoffenen, toleranten Seite präsentiert, in der Fremde einen Platz gefunden haben, anders als 1991, als die Stadt zum Synonym für Ausländerfeindlichkeit wurde.