Zu Gast beim Kunstverein Hoyerswerda war Dr. Wolfgang Wessig, Görlitz zum Thema: Paul Mühsams langer Weg nach Israel

Dr. Wessig und Helene Schmidt

Der Name Paul Mühsam ist nur den wenigsten ein Begriff. Und gerade das ist das Anliegen von Dr. Wessig aus Görlitz, der schon seit geraumer Zeit an Schriftsteller erinnert, denen das Lebenswerk abgeschnitten wurde und die zu Unrecht in Vergessenheit geraten sind.
Paul Mühsam (1874-1960) ist einer von ihnen. Abgeschnitten in diesem Sinne meint das Durchtrennen der geistigen Lebensader, wie es so vielen Intellektuellen in der Zeit des Nationalsozialismus widerfahren ist. In Görlitz hatte sich Paul Mühsam 1905 als Jurist niedergelassen. Bald merkt er aber, dass er der Schriftstellerei mehr zugeneigt ist als der Juristerei. Er sammelt deshalb einen Kreis von Künstlern um sich, zu denen neben anderen Johannes Wüsten und Ludwig Kunz gehörten. Obwohl er Jude war, war er hier an seinem Platz, an der Stätte seiner Hoffnungen und Träume, dachte er Deutschland als sein Vaterland.
Aber bereits seit 1920 zeichnete sich in Deutschland eine neue Haltung gegenüber den Juden ab. Es wird nicht mehr gevierteilt und geschlagen wie im Mittelalter, „ aber des Hasses Flamme frisst fort sich in der Stille“. Diese Sätze schrieb Paul Mühsam 1923 in einer sehr hellsichtigen und scharfsinnigen Erzählung: „Der ewige Jude“. In juristisch klarer Sprache wird hier das Verhalten der Christen gegenüber den Juden und das Verhalten der Religionen untereinander hinterfragt. Ahasverus, das Synonym für den ewig durch die Welt irrenden, verbannten Juden, erzählt in Versen die Geschichte seines Volkes und derer, die sich an ihm ihren Hass auslebten, und das über Jahrhunderte hinweg. Er sieht voraus, dass es noch schlimmer kommen wird als es je gewesen, dass man die Juden ungern leben und gerne sterben sieht. Es scheint, als ob die Christen ein Gebot erfüllen würden, die Juden zu hassen, „von keinem kam es und von allen her“.
1932 beginnen in Görlitz die ersten offiziellen Ausgrenzungen der jüdischen Bevölkerung. Noch glauben viele, dass es nicht so schlimm werden wird. Paul Mühsam spürt instinktiv, dass es dieses Mal anders ist, dass er nur noch den Staub von seinen Füßen schütteln kann und sein verirrtes Vaterland verlassen muss, wenn er nicht umkommen will. 1933 verlässt er mit seiner Familie Deutschland und geht nach Israel. Israel ist zu dieser Zeit nur ein Gebiet in Palästina unter britischer Mandatsverwaltung. Welche Chance hatte ein aus Deutschland stammender Jurist in diesem Land? So gut wie gar keine. Und so wird der Anfang schwerer als gedacht. Ein langer Weg wird es werden bis Paul Mühsam in Israel angekommen und er aus Überzeugung ein Teil des jüdischen Volkes werden wird. Das schriftstellerische Werk liegt brach. Erst 1948 wird er ein weiteres Werk schreiben, aber nie veröffentlichen: “Der Stern Davids“. In diesem Schauspiel sind vorwiegend autobiographisch deutsche und jüdische Geschichte der jüngsten Vergangenheit auf philosophisch kluge Weise miteinander verknüpft.
Dr. Wessig will mit der Erinnerung an Schriftsteller wie Paul Mühsam einen Teil der Schuld abtragen, die das deutsche Volk an ihnen verübt hat, die aus ihrer Lebensbahn gewaltsam gerissen wurden und nur selten ihre schöpferische Tätigkeit fortsetzen konnten. Zum anderen hinterließen sie eine Lücke an geistigem Potential, die heute noch zu spüren ist.

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