Der Wind der Geschichte, der weht, er lässt sich nicht aufhalten.

Alek Popow und sein Roman "Schneweisschen und Partisanenrot", der mit bulgarischem Titel "Die Schwestern Palewejewi" heißt.Das Gespräch am Kamin am vergangenen Donnerstag schenkte den Literaturfreunden im Hoyerswerdaer Kunstverein nicht nur einen unmittelbaren Einblick in die gegenwärtige Literatur Bulgariens, vor allem im Gespräch mit einem Schriftsteller, der über die Grenzen jenes Landes hinaus bekannt ist und geschätzt wird, sondern ließ auch über Vergangenheit und Gegenwart jenes Landes nachdenken. Im Mittelpunkt des Abends stand der Roman „Schneeweisschen und Partisanenrot“. Alek Popov, der Autor aus Sofia, las den Anfang seines Romans in bulgarischer Sprache, ehe Mirko Schwanitz, der Hörfunk-Journalist aus Berlin, als Moderator die deutsche Übersetzung vortrug. Zwischen beiden Partnern und dem Publikum vermittelte die Dolmetscherin Dora Stütz, die seit 1961 in der DDR und Deutschland lebt, das Gespräch mit bewundernswerter Einfühlung. Alek Popov sei mit seinen Büchern weit über seine Heimat hinaus bekannt geworden durch seinen Humor, der oft in Ironie und Sarkasmus umschlägt, so dass das Lachen sowohl Leser als auch Zuhörer oft im Hals stecken bleibt, wie Mirko Schwanitz formulierte. Dabei geht es ihm nicht um lapidare Späße, um erdacht groteske Szenen, sondern um Fragen der Gegenwart, um Globalisierung, die die Welt betrifft, wie die Verbreitung der Bücher Alek Popovs in der Welt beweisen. Das Mittel der märchenhaften Erzählung, die im Titel des gewählten Buches bereits anklingen, macht die Wirklichkeit durchschaubar, für den Leser nachvollziehbar, auch wenn der Roman den Partisanenkampf in Bulgarien gegen die deutschen, vor allem aber gegen die Faschisten des eigenen Landes während des zweiten Weltkriegs thematisiert. Zwei Schwestern Kara und Jara, Gymnasiastinnen aus reichem Elternhaus, fühlen sich mit ihren politischen Ansichten bedroht und ziehen ins Balkangebirge, um sich einer Partisanengruppe anzuschließen. Statt eine kampferprobten Truppe finden sie dort teils von Idealen ausgehende, teils aus unterschiedlichen Gründen Verfolgte, teils auch im besten Sinne Träumende vor, denen klare Vorstellungen über gemeinsame Ziele und Erfahrungen, diese zu erreichen, fehlen. Mangel an modernen Waffen und Kenntnisse sie zu bedienen kommen hinzu. Popov wendet sich gegen den pathetisch vertretenen Heldenmythos der Vergangenheit, ohne persönlichen Einsatz, auch Idealismus und Opferbereitschaft zu schmähen. So entsteht ein spannender Roman, in dem märchenhafte Züge auftauchen – wie die Auseinandersetzung mit einer gefürchteten Räuberbande, die von den Bauern wegen zahlreicher Morde gefürchtet wird, von den jungen Mädchen jedoch überwunden werden. Volksmentalität wird erkennbar, die die Geschichte im Hinblick auf die Gegenwart hinterfragt. Die Jugend habe keinen Bezug zum damaligen Widerstand, lautete ein Resümee des Autors. Dem sei die Wirkung dieses Buches gegenüber zu stellen: Popov gilt in seiner Heimat aus Mirko Schwanitz, Alek Popow, Dora Stütz, v.l.Bestseller-Autor, auch wenn die Auflagenhöhe nicht der in Westeuropa entspricht. Seine Bücher werden sowohl in Österreich als auch in Deutschland verlegt. Zwischen vorgetragenen Textabschnitten lenkte Mirko Schwanitz geschickt auf Fragen der gegenwärtigen Literatur, auf die Lebens-Situation in Bulgarien usw.. Der Wegzug von 1 Million gut ausgebildeter, vor allem akademisch gebildeter junger Leute belaste Bulgarien, gestand der Schriftsteller. Aus einer einst abgeschlossenen Gesellschaft wäre nun eine offene geworden, in deren Folge sich bulgarische Diaspora-Einheiten Gemeinden in anderen Ländern bilden. Ein Trost bestünde in der Weisheit seines Volkes „Es geschieht nichts Böses, als dass es etwas Gutes schafft.“ Dazu käme die Beobachtung, dass junge Leute in Bulgarien stark an Kultur interessiert seien, aktiv daran teilnehmen und auch die elektronischen Medien brillant handhaben. Literatur finde viel Zuspruch, Lesungen werden besonders von Jugendlichen stark besucht. Das sei ein Hoffnungszeichen, das auch in seine Bücher einfließe, so der Autor. Hoyerswerdas Literaturfreunde erhielten nicht nur einen lebendigen Einblick in dieses Balkanland, sondern erlebten einen Realisten, der nicht aufgibt, in seinem Land und für dieses zum Guten zu wirken. Der Kunstverein wird diese Reihe fortsetzen.

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