Zu Gast beim Kunstverein Hoyerswerda war Angelika Leonhardi mit dem musikalisch-literarischen Programm„Raskolnikow“

Wenn man dem Volksmund glauben darf, sind wir als „normale Menschen“ nur dazu da, damit ab und zu einmal ein Genie in der Menschheitsgeschichte auftaucht. Einer dieser genialen Menschen war sicherlich Fjodor Dostojewskij. 
Dostojewskij hat wie kein anderer die Balance zwischen Gut und Böse im Menschen beleuchtet, das menschliche Handeln zwischen Schuld und Sühne, zwischen Verbrechen und Strafe. Dies sind übrigens auch die weiteren Titel des Romans „Raskolnikow“, den Angelika Leonhardi an diesem Abend in einer faszinierenden feinfühligen Weise vorstellte.
„Schuld und Sühne“, „Verbrechen und Strafe“ als Titel sagen etwas aus über den Inhalt, den der Leser zu erwarten hat. Allerdings ist der Name Raskolnikow seit fast einhundertvierzig Jahren zum Synonym für die Sühnung eines Verbrechens zuerst durch die Strafe und dann durch die Liebe geworden und bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärungen.
Die Geschichte ist ein einfacher Kriminalroman, bei dem der Mörder, der verarmte Student Raskolnikow, von Anfang an bekannt ist. Und doch erlebt der Leser voller Spannung alle Phasen des Auftauchens der Idee für den Mord an der alten Wucherin, über das Schwanken für und gegen die Tat bis hin zum Mord selbst, der ungewollt ein Doppelmord wird. Das zweite Opfer ist eine Person, für die Raskolnikow ebenfalls glaubte, Gerechtigkeit üben zu müssen. Um der sozialen Gerechtigkeit willen ist er angetreten, es gibt würdiges und unwürdiges Leben, das unwürdige darf man ungestraft auslöschen.
„Die organische Einheit des Seins war ihm abhanden gekommen“, er hatte geglaubt, dass allein der Verstand genügt, um im Leben zu bestehen. „Ein Tod gegen hundert Leben“, ist seine Motivation. Zu den hundert zu Rächenden zählt auch seine Schwester Dunja, die sich durch Heirat für ihn opfern will, damit er sein Studium finanzieren kann.
Im weiteren Verlauf der Handlung, besonders in den Verhören des scharfsinnigen Untersuchungsrichters Porfirij wird Raskolnikow klar, dass er sich mit diesem Verbrechen selbst getötet hat. Profirij verhört nicht seinen Verstand, sondern seine Seele und will doch gleichzeitig seine Seele retten, indem er ihn zum freiwilligen Geständnis bringt. Raskolnikow hat nun die Wahl, sich zu stellen oder Selbstmord zu begehen. Mit Hilfe Sonjas, eines zur Prostitution gezwungenen Mädchens, entscheidet er sich nach langem Zögern für das Leben, wird die Schuld durch Zwangsarbeit in Sibirien verbüßen und Sonja wird mit ihm gehen. Ihr Glaube an ihn und an Gott wird ihm zum Leben helfen.
Angelika Leonhardi hat alle Auszüge des Romans sehr gut ausgewählt und hat die Verbindungen zum Leben Dostojewskijs hergestellt, der selbst zur Zwangsarbeit in Sibirien verurteilt war. Die präzisen psychologischen Kenntnisse Dostojewskijs in Verbindung mit seinem literarischen Talent treffen wir in allen seinen Romanen wieder, sie haben ihn weltberühmt gemacht. Und jedem von uns hat Dostojewskij auch heute noch etwas zu sagen.

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