Gespräche über Grenzen hinweg

Jurij Andruchowytsch (rechts) und Mirko SchwanitzAm Donnerstag vergangener Woche gestaltete Mirko Schwanitz vom Deutschlandradio ein Gespräch am Kamin des Hoyerswerdaer Kunstvereins im Hoyerswerdaer Schloss mit dem bekanntesten ukrainischen Autor Juri Andruchowytsch. Für den Kunstverein war dies eine zweite Begegnung mit dessen Werk. Vor drei Jahre stellte Dr. Wolfgang Wessig den Schriftsteller und sein Buch „12 Ringe“ dem gleichen Kreis vor. Diesmal las der Autor aus seinem in diesem Jahr entstandenen Essayband „Euromaidan– Was in der Ukraine auf dem Spiel steht“ und aus dem Roman „Moscoviada“.
In seinem Essay “Sieben raue Februartage oder die Rolle des Kontrabasses in der Revolution“ erzählt Andruchowytsch: Eine Gruppe Wanderschauspieler, zu denen der Autor gehört, zog von Ende 2013 bis Februar 2014 durch mehrere Städte der Ukraine. Sie gestalteten nach einer Chronik ein Drama von der Hinrichtung eines Mannes im 17. Jahrhundert, der seine Seele angeblich dem Bösen verschrieben hatte. Bei dieser Reise begegnen die Schauspieler den Ereignissen auf dem Maidan und in anderen Städten bis zur Flucht von Viktor Janukowytsch. Die Lesung vermittelte ein erschütterndes Bild von Opfern und Tätern, von Verwicklungen in Schuld, von Hoffnung und Enttäuschung. Letztere entstand, so Juri Adruchowytsch, weil das Budapester Abkommen von 1994 nicht eingehalten wurde, darin verpflichteten sich Russland und die Ukraine, dass die Grenze zwischen beiden Staaten unantastbar sei. Dafür gab die Ukraine die bisher auf ihrem Territorium gelagerten Atombomben ab. England und Frankreich garantierten als Signatarstaaten die Einhaltung des Vertrages. Die Kämpfe auf der Krim und in der Ostukraine schufen eine Unsicherheit in Europa, deren Auswirkungen nicht absehbar wären, wenn sie nicht schnell von den beteiligten Seiten beendet wird.
Im Dialog mit Mirko Schwanitz zeigte Juri Andruchowytsch nicht nur sein Talent als Erzähler in der Tradition seiner weltberühmten galizischen Vorgänger, sondern auch seine Kenntnis anderer Völker, von deren Kultur er mit Hochachtung sprach. Der Autor ist ein bekannter Nachdichter aus zahlreichen Sprachen. Seine Sorge gilt den Kulturen kleiner Völker, die besonderer Aufmerksamkeit und Pflege bedürfen. Es war eine anregende Begegnung, die viel häufiger geübt werden müsse, um die vielfältigen Kulturschätze von Europas Völkern zu kennen und zu bewahren. Der Hoyerswerdaer Kunstverein will im nächsten Jahr eine Reihe „Grenzgänge - Brigitte Reimann-Gespräche Hoyerswerda“ initiieren, da in der Lausitz dafür die besten Voraussetzungen bestehen, allein schon durch das anregende Miteinander zweier Völker und ihrer Kulturen. Das Gespräch mit Juri Andruchowytsch nannte Mirko Schwanitz einen „Auftakt“ für das zukünftige Projekt.

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