Menschenwürde im ersten Weltkrieg und danach?  

Hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges las Uwe Jordan au Büchern von Erich Maria Remarque ( 1898-1970) und Ernst Jünger (1895-1998).
Uwe Jordan liest aus "In Stahlgewittern" von Ernst JüngerUwe Jordan liest aus "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria RemarqueDie vielzitierte Verszeile Hölderlins - was bleibt, aber, stiften die Dichter - trifft sicher in besonderem Maß auf  die Romane "Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque und "In Stahlgewittern" von Ernst Jünger zu. 
Uwe Jordan stellte beide in einen Kontext, ganz bewusst streift er die Biografien beider nur kurz. Denn Lesen bedeutet für ihn nicht die Meinung Dritter zu erfahren oder dem Leben des Autors nachzuforschen, sondern das, was einer geschrieben oder eben gedichtet hat, das für die Nachwelt Bleibende. 
Biografien wie die von Remarque und Jünger könnten unterschiedlicher nicht sein. Jünger ist ein Befürworter des Kaiserreichs, lehnt zwar Totalitarismus ab, arrangiert sich aber teilweise mit dem Nationalsozialismus, sein Roman "In Stahlgewittern", 1919 erschienen,  wird bejubelt. Zeitlebens bedient Jünger vielfältige literarische Genres und ist bis zum Ende seines langen Lebens auf der Suche nach dem, was das Leben ausmachen könnte und was von ihm als Schriftsteller bleibt.
Remarque bekennt sich weder zu einem System, noch zu einer Partei.  1938 wird ihm die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt, sein Buch "Im Westen nichts Neues", erschienen 1929, wird  "als literarischer Verrat am Soldaten des Weltkrieges" verbrannt. Er muss emigrieren und lebt ab 1947 als amerikanischer Staatbürger in den USA und in der Schweiz. Was er schreibt, ist immer tief pazifistisch geprägt.  
Beide Schriftsteller beschreiben in den genannten Romanen den ersten Weltkrieg fast im gleichen Duktus und in ähnlichen Szenen aus der Sicht eines Ich-Erzählers, der keine Bekenntnisse verkündet und keine parteiliche Stellungnahmen abgibt. Aber gerade diese nüchterne, geradezu lakonische Art des Erzählens hinterlässt beim Leser eine tiefgreifende Wirkung. Uwe Jordan liest im Wechsel aus beiden Romanen und wenn man nicht auf den jeweiligen Autor hingewiesen würde, wäre allein beim Hören der Wechsel  nicht zu bemerken. Das ist schon frappierend,  und wurde sicher von vielen vorher so nie wahrgenommen. Der Ich-Erzähler bei Ernst Jünger beschreibt in dem "Tagebuch eines Stoßtruppführers", das Leben eines Offiziers an der Westfront, der schwer verwundet den Krieg überlebt. 
Remarques Ich-Erzähler Paul Bäumer ist ein einfacher Soldat, der mit 18 Jahren und einem Notabitur in der Tasche mit sieben Mitschülern in den Krieg zieht, an der Westfront vier Jahre lang  in den Schützengräben lebt und als letzter der Sieben ganz am Ende doch noch fällt. 
In beiden Roman verläuft der Krieg zwischen den blühenden Landschaften Frankreichs und dem Blut der Soldaten, zwischen Selbsterhaltungstrieb und Kameradschaft, zwischen Aufbegehren und Anpassung, zwischen übermenschlichem Lebenswillen und jämmerlicher Angst. Die Urtriebe des Menschen zum Töten oder zur Beschaffung von Lebensmitteln, Alkohol und Zigaretten werden rückhaltlos sichtbar. 
Unterschiede zwischen beiden Autoren sind nur in den Schlussfolgerungen zu erkennen. Ernst Jünger sieht den Krieg als Teil des natürlichen Lebens an, der für die Zeit danach neue Kräfte mobilisiert.
Für Erich Maria Remarque sind die Überlebenden des Krieges die "verlorene Generation", ausgebrannt, völlig hoffnungslos und überflüssig. Von der Gesellschaft werden sie nicht mehr benötigt, deshalb werden die meisten von ihnen später schweigen und zugrunde gehen. 
Uwe Jordans Schlussfolgerungen für seine aufmerksamen und begeisterten Zuhörer: Jeder sollte beide Schriftsteller lesen und eigene Antworten finden.