Eine Kultur-Reise um die Welt

Ein bescheidener, aber reizvoller Beitrag der Stadt Hoyerswerda zum Jugendstil, das Neue Rathaus von 1904„Jugendstil“, dieser Titel der kurzen Kunstepoche zwischen ca.1880 und 1915  bewirkte noch vor einem halben Jahrhundert bei Zeitgenossen Lächeln,  wenn nicht gar ein entschuldigend mildes Schütteln des Kopfes oder gar ein Naserümpfen. Zu diesem Thema füllten am Donnerstag die Gäste des Kunstvereins zum Gespräch am Kamin den Saal bis auf wenige Plätze im Schloss. Christine Neudeck, Mitglied des Kunstvereins, Diplom- Ingenieurin des Bauwesens, leidenschaftliche Verehrerin der Künste und höchst sachkundige Kennerin der Architektur-Geschichte,  nahm ihre Gesprächspartner zum Thema Jugendstil mit auf eine anregende Reise in jene Jahre vor dem ersten Weltkrieg.  Während jener vier Jahrzehnte entfalteten sich nicht nur Technik wie Wissenschaften rasant, sondern parallel dazu auch die Künste aller Gattungen in vielen Ländern Europas. Begleitet von faszinierenden Bildern,  mit kurzen wohl gewählten Zitaten aus Musik und Literatur ließ die Referentin die Atmosphäre jenes Aufbruchs erstehen. Stefan Zweigs Memoiren „Die Welt von gestern“, von Heidrun Dietrich gelesen, erinnerten an das sich nach 1870 entwickelnde Selbstbewusstsein  des Bürgertums in Europa.  Stolz auf vierzig Friedensjahre, mit den Geldern französischer Reparationszahlungen entfaltete diese neue Schicht ihre Träume von gesellschaftlichem Leben und Schönheit. Für viele war der Philosoph Friedrich Nietzsche das geistige Leitbild, für andere der Dichter Rainer Maria Rilke. Proben beider las Helene Schmidt.  War dies die „Morgenröte einer neuen Zeit“ oder der „Feuerschein“ des heraufziehenden Krieges, fragte rückschauend  Stefan Zweig. Mit kundiger Hand ließ  Christine Neudeck die „Wilhelminische Ära“ des deutschen Kaisertums erstehen, ohne die bereits damals belächelten Urteile von „Wilhelm zwo“ zu den Werken junger Künstler zu verschweigen oder die von ihm gelobten Werke einiger „Hofmaler“. Die Künstler erwiderten diese „hoheitlichen“ Rügen mit meisterlichen Karikaturen im „Simplicissimus“ und  gestalteten das Journal „Jugend“. Letzteres gab der Epoche den Namen „Jugendstil“.  Gediegen und konzentriert erzählte Christine Neudeck, wie sich  diese neue Ausdrucksweise der Kunst und des Bauens neben anderen, teils bekannten – wie Spätimpressionismus -  oder zukünftigen  - wie Bauhaus Weimar, Neuen Sachlichkeit, Expressionismus  -  entwickelten. Fotos zeigten weit geschwungene Treppen, mit Girlanden versehene Fassaden, mit Erkern und Türmchen reich geschmückte Häuser der Bürger neben sachlich, doch stilvollen Industrie- und Werkhallen. Die selbstbewussten Bürger füllten ihre Wohnungen mit Möbeln voller Schnörkel, mit Palmen in Töpfen, aber auch mit Original-Gemälden und Wand-Schmuck, der gelegentlich Geschmack vermissen ließ. Vor den Zuhörern entstand das Bild einer Generation des Aufbruchs, während der Vortrag bewundernswerte Bauwerke wie U-Bahnhöfe von Otto Wagner, das Secessionsgebäude von Joseph Maria Olbrich in Wien, Stadtanlagen wie Hellerau, die Weltmesse- und Kunstmessehallen in London, Paris und Dresden vorstellte. Villen  von Peter Behrens geschaffen oder das Wertheim-Kaufhaus Berlin von Alfred Messel, wurden gezeigt, auch das Kaufhaus in Görlitz, das Theater in Cottbus, wichtige Gebäude in Dresden und Bautzen und einige beachtenswerte Häuserfassaden in Hoyerswerda. Eine Reise um die Welt bot sich dar, bis zu der Freiheits-Statue von New York. Alles atmete eine n ähnlichen Geist, in unterschiedlichen Handschriften, selbst  in  verschiedenen Kulturen wie in Rußland und der Türkei, in Spanien und Ungarn. Die Namen von deren Schöpfer bilden eine Vollversammlung der Genies. Wieder einmal zeigt sich, dass nicht alles, was gegenwärtig verlacht wird, für die Geschichte verloren ist und umgekehrt. Zu einigen Orten hieß es „Hier war unser Kunstverein auch schon“ und Fotos belegte dies. Zu Recht wurde an den jüngst erschienen Roman „1913“ von Florian Illies  erinnert.  Christine Neudeck gebührt bewundernder Dank.  
Mathildenhöhe Darmstadt, Architekt Joseph Maria Olbrich
   Jagdschloss Hubertus in den Niederlanden, als Gesamtkunstwerk gestaltet von Hendrik Petrus Berlage "Kreislauf des Lebens" von Bernhard Hoetger; Mathildenhöhe DarmstadtWohnhaus Peter Behrens, Mathildenhöhe Darmstadt. Peter Behrens war der maßgebliche Lehrer der späteren Bauhaus-ArchitektenWorpswede, am Haus von Heinrich Vogeler, einem der wesentlichen Maler und Buchgestalter des Jugendstils Öffentliche Bauten aller Art prägen den Jugendstil - Schauspielhaus Dresden    
                                                                                                        


Das "Runde Haus" in Cölln bei Bautzen
Villa Weigang in Bautzen

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.