Was kommt, nachdem das Paradies verloren ist? 

Helene Schmidt und Uwe Jordan nach der Lesung - zwei Literaturfreunde unter sich.Eine Lesung von Uwe Jordan, Sächsische Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt, zu dem englischen Dichter und Denker John Milton (1608-1674).
Staunen war an diesem Abend mit dem Thema des "Verlorenen Paradieses" von John Milton in vielerlei Hinsicht angesagt. Bewundernswert und nicht selbstverständlich ist es, dass sich ein Redakteur einer lokalen Tageszeitung, die weitgehend von tagespolitischen Themen geprägt ist, so intensiv mit Literatur beschäftigt und diese so anregend vermitteln kann, wie Uwe Jordan. Zum anderen wurden gleich zwei Grenzen unseres deutschen Literaturverständnisses erschüttert. Die Sprache Miltons steht der Sprache unserer klassischen Dichtungen in keiner Weise nach, und vor 400 Jahren gab es weit mehr Leute, die anspruchsvolle Literatur lasen als heute. 
Es war eine Zeit, in der das politische Leben von der Literatur maßgebliche Impulse erhielt. Uwe Jordan stellte deshalb eingangs eine Szene nach, als ein gewisser John Denham das House Of Common mit den Milton-Druckfahnen "Das verlorene Paradies" stürmt und als Anleitung zum Handeln vehement empfiehlt. Dieses Gedicht erweist sich als 12- bändiges Werk über die Schöpfungsgeschichte bis zum Sündenfall von Adam und Eva und deren Vertreibung aus dem Paradies. Was in der Bibel auf nur wenigen Seiten erzählt wird, umfasst in diesem Gedicht mehrere hundert Seiten, und es wurde verstanden als die immer wiederkehrende Tragik des Menschengeschlechts, wurde zum Bestseller der Zeit.
Geschrieben ist es in sogenannten Blankversen, was bedeutet, in einem streng melodischen Versmaß zu erzählen und dabei ohne Reim auszukommen. Genuss beim Hören und Lesen gleichermaßen, heute vielleicht vergleichbar mit guten Texten moderner Liedermacher, die jeder unwillkürlich nachsingt und die natürlich viel, viel kürzer sind.
Uwe Jordan beschränkt sich auf einzelne Schwerpunkte: die Diskussion des Satans mit einem Gefolge weiterer gefallener Engeln über das Für und Wider zum Thema Krieg gegen den "Weisen", über die Argumente Satans in der Gestalt der Schlange, die Eva und Adam zum Essen vom Baum der Erkenntnis überredet und mit der Frage, was kommt nach dem Paradies? Eine stilistische Glanzleistung der Argumentation in herrlichen Dialogen, wobei Argumente im Sinne von schlüssigen Denkprozessen und logischen Fakten zu verstehen sind.
Beeindruckend die Argumente zur Kriegsfrage in einer Aktualität, wie wir sie heute auch nicht annähernd tiefgründig beleuchten könnten. Satan ist zwar vorläufig damit zufrieden, der Herrscher in der Hölle zu sein, da das immerhin besser sei als Knecht im Himmel, doch ihn plagt spürbar das Verlangen nach der Weltherrschaft. Sein Gefolge rät zwiespältig, der Krieg ist notwendig, doch ziemlich aussichtslos, es könnte mit großer Wahrscheinlichkeit noch schlimmer werden. Satan findet listig einen Ausweg, er versucht sich erst einmal auf der Erde, dort wittert er die Sehnsucht des Menschen, zur allumfassenden Erkenntnis zu gelangen, wie Gott. Es gelingt, wie wir alle wissen.
Adam und Eva werden ausgewiesen. In Angst und Demut verlassen sie das Paradies. Und "der Erde Raum bot sich ihnen dar", diesen zu beleben und zu gestalten, in der Gewissheit, sich trotz allem auf die Hilfe des "Weisen" verlassen zu können.

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