Gewissen - ein veralteter Begriff?

Ein Vortrag von Dr. Siegfried Foelz, Schmochtitz, zu John Henry Newman (1801-1890).

Dr. Siegfried Foelz gebührt Dank für seine immer wieder außergewöhnlichen VorträgeEs ist fast nicht zu glauben, dass einer beinahe alle Philosophen der Weltgeschichte gelesen hat, gelesen im Sinne von verstanden, "reine" Philosophen, solche mit theologischem Hintergrund aus den verschiedensten Religionen, dazu zählt das Christentum ebenso wie die jüdische Religion oder der Islam. Auch Philosophen, die sich dem Atheismus verpflichtet fühlen, rezensierte Dr. Siegfried Foelz, natürlich nicht, ohne auch diese fast vollständig gelesen zu haben. Allen zollt er Respekt und Anerkennung.
Für Dr. Foelz ist das neben seinem Beruf als katholischer Priester Lebensaufgabe und Lebenslust. Eine Reihe dieser Philosophen stellte er bereits beim Kunstverein vor: Ernst Bloch, Gabriel Marcel, Emmanuel Lévinas, Martin Buber, Dietrich Bonhoeffer, Leo Baeck, Karl Marx, Friedrich Hegel, Martin Heidegger, Victor E. Frankl und Joshua Heschel. Heute nun John Henry Newman. Ein Philosoph dieses Namens? Nie gehört.
John Henry Newman ist ein Philosoph im England des 19. Jahrhunderts. Er gehörte zuerst der anglikanischen und später der katholischen Kirche an. Es ist interessant, seinen Lebens- und Erkenntnisweg zu verfolgen und zu erfahren, dass philosophische Aspekte zeitlos sind und dem, der zuhört, Gewinn bringen können. Seine Schriften umfassen, wie bei einem Philosophen üblich, mehrere dicke Bände, die Dr. Foelz intensiv gelesen hat, wobei unsereins schon beim ersten Band kapituliert hätte. Er besitzt die besondere Gabe, das erworbene Wissen den Zuhörern verständlich und anregend zu vermitteln.
Da John Henry Newman immer um eine weltoffene, freie Theologie besorgt war und die anglikanische Kirche sich dem Staat verpflichtet fühlte, wechselte er auf die Seite der katholischen Kirche. Das führte zu Anfeindung und Verehrung von beiden Seiten gleichermaßen. Trotz allem gelang es ihm, von beiden Seiten gehört zu werden, da sich sein Glaube nicht allein auf begriffliche Zustimmung und Logik gründete, sondern auf Vertrauen, Vertrauen darauf, dass das Herz zum Herzen spricht, lateinisch " COR AD COR LOQUITUR". Dabei spielt das Gewissen für die Entscheidungen des Einzelnen die wichtigste Rolle. Gewissen heißt in der ursprünglichen Bedeutung "Mitwissen". Es ist eine Stimme in uns, die mit weiß, was wir tun. Und die lässt uns oft keine Ruhe. So hatte das mancher noch nicht gesehen. 
Mit seinen Schriften und seinem persönlichen Einsatz für die Stellung der Laien in beiden Kirchen, für einen weltoffenen Glauben, der nicht von oben herab verordnet, sondern gelebt wird, erfuhr John Henry Newman an seinem Lebensende solche Zustimmung, dass bei seinem Begräbnis im Jahr 1890 Tausende seinem Sarg folgten. Heute würden wir das Ökumene nennen.
Bildung erfahren wir von ihm, ist keine Last und kein Drill zu Ruhm und Reichtum, Bildung nehmen wir als Nahrung auf, die nicht zweckgebunden ist, sondern, die unser Inneres ausstattet, das gilt für Gläubige und Atheisten gleichermaßen. Da ist es gut, dass man den Philosophen namens Newman nun doch kennen gelernt hat.
Newman schrieb neben seinen philosophischen Werken, die er in einem sehr verständlichen literarischen Stil verfasste, auch Gedichte, die in England zu Kirchenliedern wurden. Eines davon ist das berühmte "Lead, kindly light", im Deutschen etwa: Führe mich freundlich und unbeschwert! Eine:Strophe daraus in der Übersetzung von Paul Badde, lässt den Christen John Henry Newman sehr lebendig werden.:

Ich war nicht immer so. Nie hab ich je gebettelt, dass Du mich führst und lehrst.
Ich liebte eigne Wege. Wollte selber sehn. Doch jetzt: geh Du voran! Geh vor mir her!
Ich liebte grelles Licht. Ich hatte Furcht, oft war mir bang.
Doch stärker war mein Stolz. Vergiss es. Denk nicht mehr daran!

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