Athos - höchst lebendig in uralten Formen
Einem Zauberwort gleich lockte der Name „Athos“ am Donnerstag eine ansehnliche Schar Entdeckungsfreudiger ins Schloss Hoyerswerda. Athos – der südliche 40 km lange und 10 km breite Teil der griechischen Halbinsel Chalkidiki, die der „Heilige Berg Athos“ krönt - fand bereits in Vorzeiten Geheimnis umwittert Eingang in zahlreiche Mythen und Legenden. Vor mehr als tausend Jahren begannen sich dort Mönche und Klöster anzusiedeln und bilden noch heute die autonome „Mönchsrepublik Athos“, die zu Griechenland gehört. Manfred Dietrich, Pfarrer i.R. in Schwepnitz, durfte mit seinem Sohn dieses streng behütete Weltkulturerbe drei Tage besuchen. Von dieser Reise berichtete er im Kunstverein. Mit wenigen, gut gewählten Daten und Namen schuf Manfred Dietrich eine Brücke zu jenem Land, das mehrfach im Mittelpunkt europäischer Geschichte stand: Perserkönig Xerxes, Alexander der Große, die Kaiser des oströmischen Reiches in Konstantinopel wurden genannt, einer der letzteren übertrug die Rechte zum Bau des ersten Klosters im Jahre 963, wie eine wohl behütete Urkunde aus jenem Jahr belegt. Die Trennung in ost- und weströmisches Reich zog die Bildung der orthodoxen Kirchen des Ostens und der römisch-katholischen im Westen nach sich. Athos gehört zu ersteren, 17 Großklöster gehören der griechisch-orthodoxen Kirche an, des Weiteren gibt es ein serbisch-orthodoxes, ein bulgarisch- orthodoxes und ein russisch- orthodoxes Kloster. Sie alle liegen einem Kranz gleich malerisch an der Küste der Halbinsel angeordnet. Der Blick ihrer Bewohner geht auf das blaue Meer. Festungsmauern sollten einst die dort gesammelten Schätze vor Räubern schützen, üppig wachsende Wälder, Gemüse-Felder, Olivenhaine liegen davor unter strahlendem Himmel. Über all dem üppigen Leben erhebt sich der mehr als 2000 m hohe Heilige Berg Athos, er dient der Orientierung und mahnt wohl auch auf die Schönheit der Schöpfung zu achten. Eine Landkarte und eine Folge brillant aufgenommener Lichtbilder ließen den Weg der beiden Reisenden von Kloster zu Kloster nachvollziehen. Dort waren die Reisenden Gäste, bescheiden ausgestattete Schlafsäle oder einzelne Zimmer standen ihnen zur Verfügung, morgens reichte man ihnen ein Frühstück und abends ein Nachtmahl – dem Tageslauf der Klöster entsprechend lud eine Glocke bereits um 0 Uhr früh zur ersten Andacht, um 5 Uhr zur nächsten. Gelobt und immer wieder gezeigt wurden die Brunnen, die in den heißen Monaten ständig frisches Quellwasser zum Trinken sprudeln lassen. Jeder ein Schmuckstück baulicher Kunst unterstrich die Bedeutung des Wassers in jener Region. Die Klosteranlagen entstanden in den Jahrhunderten seit dem Jahr 1000 und bewahrten dadurch Baukunst, Kunstgeschichte, Lebens- und Glaubenshaltung früherer Zeiten. Kreuzgänge romanisch oder gotisch gestaltet, von Säulen umgeben – ganz der Meditation dienend - waren zu sehen. Fresken und Wandbilder der verschiedenen Jahrhunderte fesselten die Augen, an anderen Orten nahm die Ruhe schlichter, ganz auf den Altar ausgerichteter Räume gefangen, schenkte Konzentration, ließ bewundernd schweigen. Dort herrschte keine Prunksucht, lockte keine Eitelkeit, Bilder oder wenige Skulpturen dienten der Andacht, der Einkehr. Kunst gab Kunde von Glauben und von biblischer Botschaft, auf die sich Lebenshaltung gründet. Die Mönchsrepublik Athos verwirklicht christlichen Glauben in seinen unterschiedlichen, uralten Formen. Doch Athos ist kein Museum. Daher ist die Zahl der Gäste streng begrenzt. Die Regeln der Klöster, deren jedes von einem auf Lebenszeit gewählten Abt geleitet wird - und der Ritus ihrer Gottesdienste entspricht den uralten liturgischen Formen der Kirchen aus denen sie kommen, die Sprache der Gottesdienste desgleichen - altgriechisch oder altslawisch. Blieb auch die Zeit nicht stehen, der Geist der Gründer, deren Anliegen sind bis heute gleich: sich zur Armut, zur Keuschheit und zur Frömmigkeit verpflichten, Kontemplation üben. Manfred Dietrich erzählte locker, voller Freude über das Leben, das sich dort in uns ungewohnter aber altgeübter Weise entfaltet. Die Brücke zu dieser anderen Welt, die Teil der unseren auch heute ist, gilt es zu achten und ohne Pathos zu bewundern als menschliches Leben in seinen reichen Möglichkeiten.