Kristina Stella, eine keineswegs verstaubte Bibliothekarin

Kristina StellaKristina Stella, Frankfurt/Main, stellt ihre Bibliografie über Brigitte Reimann vor, gut gegliedert, akribisch genau und sehr lebendig.

Ein Bibliograph ist eine Person, die mit Akribie und Gespür dem Werk eines Schriftstellers nachforscht, Texte erfasst, die dieser selbst geschrieben hat oder solche, die andere über ihn verfassten. Bei Kristina Stella ist es ein Glücksfall, dass sie nicht nureine hervorragende Germanistin ist, sondern auch eine Frau, die die Literatur liebt, einfach alles, von der Antike bis zur Moderne, und die erfüllt ist von ihrem Beruf. 
Brigitte Reimann wiederum hat ihr kurzes Leben ganz und gar dem Schreiben gewidmet, man hat fast den Eindruck, sie hat so ausschweifend gelebt, um das Erlebte und ihre Emotionen in Literatur umzusetzen.
So war es eine logische Folge, dass Kristina Stella diesem Leben mit den Mitteln ihres Wissens als Archivar auf die Spur kommen wollte.
Begonnen hat sie vor mehr als zehn Jahren, alles Geschriebene von und über Brigitte Reimann zusammenzutragen. Denn Bibliografie bedeutet dem allerersten Ursprung nach "schreiben oder abschreiben", heute wird dieser Begriff für "Bücherverzeichnis oder Bücherbeschreibung" verwendet. Kristina Stella hatte sich zu Beginn der Bibliografie über Brigitte Reimann vorgestellt, dass sie diese Aufgabe neben ihrer Tätigkeit in der Deutschen Nationalbibliothek in Frankfurt/Main so nebenbei erledigen könnte. Doch weit gefehlt, die Bibliografie wurde zu einem Mammut - Projekt. Sie musste sich auf die Zeit von 1933, dem Geburtsjahr von Brigitte Reimann, bis zum Ende von 2010 beschränken. Für diese Zeit gibt es inzwischen 12.000 Datensätze, die sie erstellte. Die Brigitte Reimann, nach Foto gemalt von B. Fuchsschwierigste Aufgabe für einen Bibliografen aber besteht darin, dass alle Schriften, die in einen Datensatz eingefügt werden sollen, selbst in Augenschein genommen werden müssen. Das bedeutet, dass Kristina Stella seit zehn Jahren unterwegs ist zwischen Frankfurt und fast allen Wirkungsstätten der Reimann: Burg, Neubrandenburg, Hoyerswerda, Schwarze Pumpe, Potsdam, Leipzig, Dresden, Berlin, Dortmund und Bielefeld. Im Verlag Aisthesis Bielefeld soll die Bibliografie erscheinen, dann wird diese drei Bände mit den Daten füllen, die Kristina Stella gesammelt hat. Zu den schönsten Augenblicken ihrer Suche zählt sie das Auffinden eines Briefwechsels zwischen Brigitte Reimann und Siegfried Pitschmann im Archiv des Literaturzentrums Neubrandenburg, der bisher nicht bekannt war und den sie im Februar 2013 unter dem Titel "Wär schön gewesen" anlässlich des 40. Todestages von Brigitte Reimann herausgab.
Auch spektakuläre Fundstücke bereichern die Sammlung, wie seltene Übersetzungen oder Hinweise auf den Dokumentarfilm "Sonntag,den..."- Briefe aus einer Stadt -, 1970 gedreht nach einem Drehbuch der Reimann, von dem nur noch der Vernichtungshinweis existiert und die erste Fassung des Drehbuches, sowie eine Ankündigung in der damaligen Fernsehzeitung FF dabei. Vernichtet wurde der Film, nachdem  Manfred Krug 1977 die DDR verlassen hatte. Er singt in diesem Film die Eingangsmelodie. 
Zu den schönen Augenblicken zählen auch Querverbindungen wie diese: Im Tagebuch der Sibirien - Reise ist am 13.07.64 in Nowosibirsk zu lesen: "Das ist die Stadt, von der mein Romanmädchen geträumt hat, ...weiträumig, modern und heiter ...und Stille, lebendige Stille." Am Schluss der "Franziska Linkerhand" liest sich das dann so: "Es muss, es muss sie geben, die kluge Synthese zwischen Heute und Morgen, zwischen tristem Blockbau und heiter lebendiger Straße, zwischen dem Notwendigen und dem Schönen..."Alles in allem konnte Kristina Stella neugierig machen, sogar eine Bibliografie zu lesen, zumal sie ihren Recherchen jeweils kleine einleitende Texte voranstellt.
Inzwischen wurden die Bücher der Reimann in neun Sprachen übersetzt, die selbstredend in die Bibliografie eingearbeitet wurden. Ein Übersetzer war Gast an diesem Abend, der Spanier Dr. Ibon Zubiaur. Er übersetzte von Brigitte Reimann "Die Geschwister" und den "Briefwechsel mit Hermann Henselmann" ins Spanische und stellte diese Bücher der Reimann-Begegnungsstätte in Hoyerswerda zur Verfügung.
Der erste Band der Bibliografie soll "demnächst" erscheinen.
Was ist eine Bibliografie?OrdningsprinzipDr. Ibon ZubiaurInteressierte Zuhörer
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