Johannes Wüsten thematisiert Menschlichkeit, die Oberlausitz und das Riesengebirge. 

Dr. Wolfgang Wessig beim Lesen in AktionDr. Wolfgang Wessig sieht sich als Vermittler von Schriftstellern und deren Schaffen, die in unserer näheren Umgebung tätig waren und heute fast vergessen sind. Als Region betrachtet er den Raum um Görlitz, von der Lausitz über die Grenzen hinweg nach Polen und Tschechien, und er hat immer wieder Überraschendes zu bieten.  
Sein Interesse galt dieses Mal dem Maler, Kupferstecher und Schriftsteller Johannes Wüsten ( 1896-1943), dessen Todestag sich in diesem Jahr zum 70. Mal jährte. Er starb im Alter von 47 Jahren im Zuchthaus Brandenburg.
Vielseitige Talente besaß Johannes Wüsten, der in Heidelberg geboren wurde, in Görlitz aufwuchs, bei Otto Modersohn studierte, Soldat im 1. Weltkrieg war und danach in Hamburg als freischaffender Künstler arbeitete. Ab 1922 ist er wieder in Görlitz . Hier macht er sich als Maler, Feuilletonist und Kritiker einen Namen. Mit Abscheu nimmt er die Maßnahmen wahr, die mit der Entwicklung des Nationalsozialismus die Selbstbestimmung und vor allem die künstlerische Freiheit beschneiden. Er wird Mitglied der Kommunistischen Partei.
Seine Kupferstiche sind von außergewöhnlich guter handwerklicher Qualität, voll beißender Ironie gegen Lauheit, Gier und Rassenwahn. Man sagt von ihm , dass er der Nachfolger Dürers sei, was die Fertigkeiten des Kupferstichs betrifft und der Nachfolger von George Grosz, die beißende Satire betreffend. 
1934 emigriert Johannes Wüsten nach Prag und findet einen lebendigen Kreis von ebenfalls emigrierten deutschen Intelektuellen vor, so dass ihm "Prag quasi zur Heimat" wird. In diesem Klima künstlerischer Anregung u.a. durch Ernst Bloch, F.C. Weisskopf, Wieland Herzfelde, Egon Erwin Kisch, Alfred Kerr, Bertolt Brecht, Stefan Heym und seine dritte Frau Lotte Schwarz, entstehen viele seiner wichtigsten Werke, u.a. die Kupferstiche "Das Dritte Reich in der Karikatur" und " Juden und Christen im Dritten Reich". Er schreibt Theaterstücke, Erzählungen und vollendet den Roman "Rübezahl", dessen Odyssee durch die Zeit des Nationalsozialismus Dr. Wessig bereits 2003 beim Kunstverein vorstellte.
In Görlitz begonnen, teilt der Roman den Leidensweg des Autors ins Exil über Wolfshau nach Prag, nach Paris, 1939 zur Internierung in Nazaire, Flucht, Krankheit und Aufnahme im deutschen Militär-Krankenhaus in Paris. Friedrich Oberländer 
versteckt Wüstens Manuskripte in einem französischen Bauernhaus. Johannes Wüsten wird 1942 vom Volksgerichtshof zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt, er stirbt am 26.April 1943 im Zuchthauslazarett Brandenburg-Görden an Tuberkulose. 1963 erscheint der Roman im Greifenverlag Rudolstadt unter dem Titel „Der Strom fließt nicht bergauf“, veranlasst von Dorothea Wüsten, der zweiten Ehefrau des Autors. Zitat: „Der Roman spielt im Jahr 1785 in Schlesien. Er ist ein breites Gemälde der damaligen Zeit, der Hof Friedrich II, Provinz-Adel, Selbstportrait des Johannes Wüsten vor dem Hintergrund der Stadt Görlitz, Kupferstich.aufkommendes Bürgertum, Freimaurerei, Herrnhuter Brüdergemeine und vor allem Bauern und Weber im Kampf mit dem preußischen Militär, das Ganze unter starker Verwendung folkloristischer Elemente…“ Grundthema neben Johannes Wüstens Suche nach dem Sinn des Lebens ist die bittere Armut der schlesischen Weber: Der Tod sitzt nicht am Webstuhl… am Webstuhl sitzt der Weber… bis er tot ist. 
Einige Theaterstücke und auch einige Kupferstiche Wüstens erscheinen uns heute teilweise zu plakativ, zu sehr der Propaganda verhaftet, zeugen aber von dem "geraden Wort", das der Autor und Maler Johannes Wüsten gesprochen hat. Im Gegensatz hierzu sind die "Malergeschichten" sehr poetische Erzählungen, die berühren. In fünfzehn "Historischen Konturen" werden Momentaufnahmen von berühmten Künstlern und ihren Kunstwerken mit hohem Einfühlungsvermögen und mit viel Phantasie gestaltet. Es hat den Anschein, als ob der Autor sich in ein Bild hineinbegibt und so dem Maler in die Augen sieht, während dieser malt. 
Dr. Wessig stellt vier der Maler-Geschichten vor:
Die blauen Pferde - Chartres heißt das Zauberwort für die lang gestreckten gotischen Figuren, die der Maler Henning aus Bautzen zeichnet. Zudem erfährt der Leser, wie die blaue Farbe, die die Bilder zum Leuchten bringt, durch den Maler Henning nach Bautzen kommt, durch den, der später in Zürich für die Herren Manesse die Liederhandschrift ausmalt. Man sieht ihn förmlich, den Maler Johannes Wüsten, wie er zu Füßen der Minnesänger sitzt, ihren Liedern lauscht und dabei zu den Bildern mit den blauen Pferden eine  spannende Geschichte erdenkt.
Das Lamm - Der Leser sieht, ohne den Isenheimer Altar des Matthias Grünewald zu kennen, diesen vor sich und im Hintergrund Johannes Wüsten, der dem Altgesellen folgende Worte in den Mund legt: „Tja, bei uns zu Lande malt man die Heiligen als Fürsten. Nun aber kann ich in Frieden hinfahren, denn meine Augen haben die neue Kunst gesehen: Christum als ein verrecktes Aas und St. Johannis steht da wie ein Bauer, der den Aufruhr predigt.“ Das Lamm mit Kelch und Osterkreuz als Symbol der katholischen Kirche in einem protestantischen Altar? Für Grünewald das Symbol der Versöhnung für aller Christen? 
Die Wahrheit - Mitten unter den in der Natur ruhenden Figuren des Antoine Watteau könnte man Johannes Wüsten vermuten mit seinen Zweifeln über das Wesen der Kunst: " … Ob sie denn – fragt er – malen wolle, wie die Männer aus dem Norden, Rembrandt oder Jan Steen: Rohe Natur mit alten Juden, Bettlern, Bauernvolk und Vieh? “Ja“, nickt sie und sagt „der Wahrheit wegen. Würden Sie etwas anderes malen?“ „Mein Fräulein, lieben wir denn nicht auch Märchen, Sagen und Legenden?“ "Für manche wenige, die reinen Herzens sind, geziemt es sich wohl, dass sie Märchen malen. Watteau zum Beispiel ist ein solcher Märchenmaler. Die Erde ist nicht so, wie er sie schildert – man wünscht jedoch, sie wäre so in Wahrheit... "
Heimweh - Caspar David Friedrich, mit dem Wüsten zusammen am Kreidefelsen stehen könnte oder in der Abendsonne am Kreuz im Gebirge, dem er ein Schlusswort widmet, das auch für ihn selbst gelten könnte, für sein kurzes, abgeschnittenes Leben: "Als er die schönsten seiner Werke schuf, war er für die Zeitgenossen schon tot. Ach, tot!  Wer wusste denn, dass er gelebt hatte?" 
Dr. Wessig will mit seinem Engagement dem Vergessen des Werkes von Johannes Wüsten entgegen wirken.

In den Städtischen Kunstsammlungen Görlitz ist eine Gedächtnisausstellung zum 70. Todestag von Johannes Wüsten zu sehen. Weitere Hinweise u.a.: Johannes Wüsten, 70. Todestag  und Johannes Wüsten

ausmalt. Man sieht ihn förmlich, den Maler Johannes Wüsten, wie er zu Füßen der Minnesänger sitzt, ihren Liedern lauscht und dabei die Symbolik der Bilder mit den blauen Pferden der Handschrift entschlüsselt.

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