Hoyerswerda hat mit dem Scheibesee sehr gute Voraussetzungen

Helmut Lambert arbeitete von 1992 – 2002 als Stadtplaner in Hoyerswerda und anderen Orten der Lausitz. Jetzt hat er mit 26 Gästen, seinen Schulfreunden und deren Ehepartnern, Hoyerswerda besucht. In einem Gespräch mit ihm war zu erfahren, was ihn bewog, unsere Gegend erneut aufzusuchen:
Helmut Lambert (rechts) und Gäste während des Reimann-Spaziergangs in HoyerswerdaHerr Lambert, welchen Anlass gab es für Sie, nach einem Jahrzehnt ihrer Tätigkeit in Hoyerswerda, diese Stadt Ihren Schulfreunden zu zeigen?
Seit 15 Jahren treffen wir Schulfreunde uns mit unseren Partnern alle zwei Jahre jeweils an dem Wohnort eines einstigen Mitschülers.
In Hoyerswerda wohnt unserer Kenntnis nach keiner ihrer Schulfreunde?
Nein, aber vor 50 Jahren legten wir erfolgreich unser Abitur ab. Dies schien mir ein guter Anlass zu sein, meinen Schulkollegen vorzuschlagen, einmal Hoyerswerda zu besuchen, die Stadt, in der ich tätig war. Dieser Vorschlag wurde freudig aufgenommen, der Besuch im vorigen Jahr vorbereitet und jetzt sind wir hier.
Wir haben gehört, Ihr Programm war umfangreich.
Wir begannen mit Vorträgen zur Entwicklung des Kombinates Schwarze Pumpe und der dazu gehörigen Tagebaue und der Stadt Hoyerswerda, wanderten durch die Altstadt und hörten von Superintendent F. Vogel von den Ereignissen 1989/90. Am Ilsesee in Großräschen wurde uns die größte Landschaftsbaustelle Europas vorgestellt und in Luckau zeigten uns Bürgermeister und Bauamtsleiter die Wandlungen jener Stadt. Heute wanderten wir durch Bautzen. Auf den Spuren Brigitte Reimanns erkundeten wir die Neustadt Hoyerswerda, besuchten den neuen Stadtpark mit dem Denkzeichen für diese Schriftstellerin und erfreuten uns an der lebendigen Texten dieser jungen Frau, die in außerordentlich genauer Sprache über die Architektur dieser Zeit schreibt.
Welchen Eindruck nehmen Sie mit nach Hause?
Meine Freunde und ich sind sehr beeindruckt. Vieles war ihnen neu. Ich erinnere mich daran, dass wir für Hoyerswerda drei Konzepte entwickelten: Einkaufsstadt; Grachtenstadt und Seestadt. Dazu gab es auch entsprechende Planungen, z.B. die Erweiterung von Globus um ein Möbelhaus, das wohl nicht verwirklicht wurde. Um das Projekt Grachtenstadt ist es still geworden. Aber in Bonn wird jetzt ein solches realisiert, das mich stark an die Planungen von Hoyerswerda erinnert. Für mich wäre es schöner, es entstünde in Hoyerswerda. Die Anfänge der Seestadt mit Terrassen, aparten Wohnhäusern, einem Bootshafen usw. fanden wir in Großräschen. Dies macht mich traurig, denn der „Markt“ für diese Angebote kann schnell abgedeckt werden. Hoyerswerda hat mit dem Scheibesee sehr gute Voraussetzungen, ich fand keinen Hinweis auf Pläne oder Arbeiten für Zufahrten und entsprechende Ufergestaltungen. Selbst in einem Buch „Freiräume in Hoyerswerda“ fehlte jeglicher Hinweis auf den Scheibesee. Fehlt da Marketing und Vision?
Gespräch: Hoyerswerdaer Kunstverein
Mit freundlicher Genehmigung von Sächsische Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt

Brief von Helmut Lambert vom 30. August 2013 an Martin Schmidt
Lieber Herr Schmidt,
zunächst einmal vielen Dank, dass Sie die beiden Zeitungsartikel über unsere Reise mir so schnell zugesandt haben. Ich werde sie jetzt ganz schnell weiter reichen.
Jetzt ein Blick zurück, in Dankbarkeit.
Der Gang durch die Neustadt, über deren Probleme ich am ersten Tag aus meiner praktischen Erfahrung den Kameraden berichtet hatte, verursachte doch einiges Erstaunen: Zum einen über den großen Umfang des Rückbaus, zum anderen jedoch auch über den gepflegten Zustand der Stadt. Beim Thema “Abriss von Häusern” stellen sich automatisch Bilder von niedergehenden Hauszeilen, von vernachlässigten und dreckigen Freiflächen usw. ein. Nichts von dem in Hoyerswerda! Hinzu kamen ihre Erläuterungen, die keineswegs zu lang waren, weil wir doch viel Neues erfahren haben über das Miteinander von Deutschen und Sorben, den Umfang des Umbruchs in der DDR Zeit – Abbaggerung von 105 Dörfern! - und den Umfang der Überwachung durch die Stasi. Diese Berichte aus dem Mund eines Zeitzeugen, der immer mit seiner kritischen Einstellung nicht hinter dem Berg gehalten hat, hat uns doch sehr beeindruckt.
Der Abschluss mit der Rezitation von Ihrer Frau und Frau Potowski hat das unmittelbare Erleben um eine künstlerische Dimension erweitert. Ich war mir selbst nicht ganz im klaren, inwieweit die Kameraden und ihre Frauen den Text von Brigitte Reimann zu würdigen wüssten. Umso erfreuter war ich, dass mehrere der Frauen mir nachher ihre Bewunderung für die Schriftstellerin ausgedruckt haben. So wie Ihre Frau und Frau Potowski das vorgetragen haben: Besser konnte der Abschluss unserer Reise nicht sein.
Mehrere Ehepaare haben noch die Gelegenheit genutzt, Görlitz zu besichtigen. Die Altstadt von Görlitz hat im Westen einen “sagenhaften” Ruf.
Unser Ziel, das Wissen von und Verständnis um die Verhältnisse in Ostdeutschland zu vertiefen und zum Zusammenwachsen beizutragen, ist mit Ihrer Hilfe, der von Herrn Vogel und auch der beiden Vertreter von Luckau, Herrn Bürgermeister a.D. Müller und Bauamtsleiter a.D. Frenzel in einer Weise erreicht worden, die auch mich erstaunt hat. Dazu nur ein Beispiel: Eine Teilnehmerin sagte mir: " Als ich das Programm bekam dachte ich, warum besuchen wir die Stadt Bautzen? Was gibt es da außer dem gelben Elend? Und dann ist das so eine schöne Stadt! Ich bin mir bewusst geworden, wie sehr vieles, was Ostdeutschland betrifft, bei uns noch von Vorurteilen besetzt ist!"
Ich warte noch auf die Unterlagen von Herrn Pilhatsch über seine " Wohnstadt im Wasser" und werde sie dann, mit einigen Erläuterungen, die ihnen helfen könnten das Thema in Hoyerswerda noch einmal anzusprechen, schnell weiterleiten. Meine Fotoausbeute ist gering, da ich auf anderes konzentriert war. Wenn ich noch Fotos bekomme, schicke ich sie Ihnen. Wir werden im Kontakt bleiben
Nochmals vielen Dank und ganz liebe Grüße an Ihre Gattin und Frau Potowski
Ihr Helmut Lambert


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