Kunstverein, am 13.06.2013

Ich aber wandre frei und verliebt... vor mir das grüne Licht der Steppen

(Zitat aus "Das grüne Licht der Steppen" von Brigitte Reimann (1933-1973)

Saskia Walker im Gespräch mit Thomas Delling, dem Kulturbürgermeister von HoyerswerdaDie Dokumentaristin Saskia Walker war eigentlich ausgezogen, um einen Film zu drehen, einen Film auf den Spuren einer Reise von Brigitte Reimann, nach Moskau, Sibirien und Kasachstan. Ihr Anspruch an einen Dokumentarfilm umfasst neben der Vermittlung von Fakten auch eine hohe künstlerische Aussage. Zu sehen war bereits ein Film von ihr über Uwe Johnson, wie er als Bundesbürger das Fernsehen der DDR des Jahres 1964 kritisch dokumentiert. So kam sie auf die Idee, weiter nach Tätigkeiten von Schriftstellern der DDR in diesem Jahr 1964 zu suchen und fand "Das grüne Licht der Steppen", eine sehr persönliche und spannende Sicht von Brigitte Reimann auf ihre Sibirienreise in diesem besagten Jahr. 
Brigitte Reimann sah dieses Land im flirrenden grünen Licht der Steppen, fuhr Boot auf dem Obschen Meer, bestaunte das Akademiestädtchen und den herrlichen Baikal, und atmete den herben Geruch des Steppengrases. Vor allem aber begegnete sie jungen Menschen, die voll Tatendrang an den großen Vorhaben in Bratsk und anderswo bauten, Enthusiasmus mitbrachten und froh waren, dass Moskau weit ist, so weit. Nichts desto trotz wurden sehr viele Reden zur Begrüßung der Gäste auch hier gehalten und unzählige Forschungseinrichtungen und Landwirtschaftbetriebe stolz hergezeigt. Der begabte Fotograf Thomas Billhardt, der wie auch die Reimann außerhalb des Offiziellen die Begegnung mit Menschen suchte, lieferte eindrucksvolle Bilder. 
Prall gefüllt mit Eindrücken kehrte Brigitte Reimann nach Hoyerswerda zurück, im wahrsten Sinne des Wortes gefüllt auch mit Genüssen für das leibliche Wohl an der übervollen Tafel ihrer russischen und kasachischen Gastgeber. Dies war nach dem mörderischen 2. Weltkrieg nicht selbstverständlich.
Das Buch wurde ein großer Erfolg, viele der sinnlichen Eindrücke findet der Leser später auch in dem Roman "Franziska Linkerhand" wieder.
Saskia Walker nun wollte dieser legendären Reiseroute im Jahr 2007 folgen und erfahren, wie man dort heute lebt und wer sich vielleicht noch an Brigitte Reimann erinnert. Aber so einfach, wie gedacht, war es nicht. Obwohl sie die russische Sprache, als gebürtige Kölnerin! perfekt beherrscht und russische Freunde ihr halfen, gelangte sie vorerst nur bis Moskau. Vieles hat sich in dem neuen Russland geändert, die politischen Standpunkte zwischen Verfechtern der Demokratie und Putin-Anhängern triften weit auseinander, die Hürden für Ein- Alexej Martschuk und seine Frau im Jahr 2007, während des Besuches von Saskia Walkerund Ausreisen und diverse Genehmigungen sind noch immer enorm hoch und nur einige sehr berühmte Personen sind noch auffindbar, die Spuren der anderen sind in den Wirren der Zeit verweht. So ist es fast ein Glücksfall, das sie den von Brigitte Reimann umschwärmten Ingenieur und Sänger am Staudamm in Bratsk, Alexej Martschuk, in Moskau besuchen konnte und er seine Verehrung für "Brigitta" auf sie übertrug und sie herzlich in seiner Familie empfing. Und, was noch außergewöhnlicher ist, sie konnte die Schauspielerin Tatjana Samoilowa, geboren 1934, also fast gleich alt mit Brigitte Reimann, treffen und mit ihr über die verblüffende Ähnlichkeit mit Brigitte Reimann reden. Beide sind sich zwar nie begegnet, aber Brigitte Reimann wurde gelegentlich auch "Eichhörnchen" genannt, dies war der Kosename der von Tatjana Samoilowa gespielten Weronika in dem Film "Die Kraniche ziehen", der 1958 in Cannes eine goldene Palme gewann. Als Saskia Walker dem echten "Eichhörnchen" ein Bild von Brigitte Reimann zeigte, sagt diese nur, "an dieses Kleid kann ich mich gar nicht erinnern." Sie konnte sich dann herzlich über diese Verwechslung freuen. 
Nun hoffen alle, dass der Film doch noch fertig wird, dass in Zukunft wieder mehr Mittel auch für anspruchsvolle Sendungen im Fernsehen zur Verfügung stehen und dass die bisher unveröffentlichten 500 Fotos von Thomas Billhardt diesen Film von Saskia Walker bereichern werden. Die Filmemacherin sieht ihre Möglichkeiten zur Verständigung in der Nähe, bei Begegnungen, durch eine gemeinsame Sprache und durch gemeinsames Tun.

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