Eine Freundschaft - Richard Wagner (1813-1883) und Friedrich Nietzsche (1844-1900)

Eine Matinee mit und von Lars Jung, Schauspiel Dresden; musiklisch begleitet von Cornelia Schumann, Viola, und Thomas Mahn, Klavier.

Lars JungWagner und Nietzsche, der eine ein genialer Musiker mit philosophischen Ambitionen, der andere eine genialer Philosoph mit einem sensiblen Gespür für Musik. Beide erleben über viele Jahre eine beglückende geistige Freundschaft, die am Ende an den Extremen der beiden Charaktere zerbricht, eine Freundschaft, die trotz allem für Leben und Werk beider nachhaltig wirkt.
Lars Jung beginnt die Matinee mit Worten von Friedrich Nietzsche: Ich habe Wagner geliebt und niemand sonst, er war ein Mensch nach meinem Herzen... allem unehrerbietigen Gesindel soll es gar nicht erlaubt sein, einen solchen großen Namen wie Richard Wagner ins Maul zu nehmen, weder im Lobe noch im Widerspruch.
Im Lob und im Widerspruch erleben die Zuhörer nun diese außergewöhnliche Freundschaft aus Briefen und Bekenntnissen von Wagner und Nietzsche selbst, aus Essays und Äußerungen der engsten Freunde und Wegbegleiter, zu denen Cosima Wagner, Elisabeth Förster-Nietzsche, Malwida von Meysenburg, Mark Twain, Tschaikowski und andere gehören.
Im Mal 1868 treffen sich Wagner und Nietzsche in Leipzig zum ersten Mal, im Haus von Professor Brockhaus, der mit Wagners Schwester Luise verheiratet ist. Trotz des Altersunterschiedes von 31 Jahren sind beide voneinander fasziniert. Wagner hörte mit Erstaunen, dass das Meisterlied aus seinen Meistersingern in diesem Kreis bereits durch Nietzsche bekannt gemacht worden war. Von nun an verkehrt Nietzsche im Haus Wagners in Tribschen in der Nähe von Luzern, er selbst ist inzwischen Professor für klassische Philologie in Basel. Beide empfinden diese Treffen und den gegenseitigen Austausch als einzigartig und unersetzlich. Doch als Wagner mit seinem Projekt für Bayreuth beginnt und nur noch Sinn für seine eigenen Pläne hat, ist ihm Nietzsche nicht mehr wichtig, besonders, als dieser ihm seine Schrift "Die Philosophie im tragischen Zeitalter der Griechen" zuschickt. Was hat dieses Thema mit den Themen der Zeit und vor allem, was hat es mit Wagner zu tun, mit Wagners Sorgen um Geld für das Festspielhaus und mit den Sorgen um ausgereifte Kompositionen und perfekte Aufführungen? Im Gegenzug schickt Wagner an Nietzsche seine gesammelten Werke in neun Bänden mit einem Gedicht, das Nietzsche ob seiner sprachlichen Qualität sicher eher beleidigt als erfreut hat. Zu diesen kleinen Zwistigkeiten kommt später die harsche Kritik Nietzsches an dem Festspielbetrieb in Bayreuth hinzu, die er in seiner Schrift "Richard Wagner in Bayreuth" so formuliert: Wagner kann die Deutschen nicht überreden, das Theater ernst zu nehmen, sie bleiben kalt und ungemütlich, er ereifert sich, als ob das Heil der Deutschen davon abhänge. In dieser Zeit beginnt Nietzsche, sich von der geistigen Vereinnahmung durch Wagner zu trennen, er wird sich äußern, dass der ganze Festspielbetrieb in Bayreuth nicht seinen Idealen einer erhabenen Kunst entspricht; die nur an Repräsentation Interessierten sind hier genauso fehl am Platz wie die Wagnerianer, die meinen, mit ihrer Mitgliedschaft in den Wagnervereinen auch das Verstehen erkauft zu haben. Enttäuscht zieht er sich zurück und gleichzeitig leidet er darunter, dass Wagner bei ihm durch nichts und niemanden ersetzt werden kann. 
Cornelia Schumann und Thomas Mahn begleiten mit Musik von Milhaud, Nietzsche,Wagner und Rebecca ClarkeTschaikowski, der zur Eröffnung der Festspiele mit dem "Rheingold" anwesend war, vermerkt, dass das schlechte Essen und die schlechten äußeren Bedingungen weitaus mehr Gesprächsstoff boten als Wagners Musik. Das Heiterste ist bei Mark Twain zu hören, der für viel Geld extra aus den USA nach Bayreuth gekommen war, in seinem Essay: " Am Schrein von Sankt Wagner". Schon allein der Titel verrät etwas von der übermäßigen Selbsterhöhung Wagners. Von der Musik Wagners ist Mark Twain durchaus begeistert, wenn nur der Gesang nicht wäre! Eine Wagneroper, bei der die Gesangspartien nur als Pantomime dargestellt werden, kann er sich durchaus als Genuss vorstellen.
In Sorrent werden sich 1876 Wagner und Nietzsche ein letztes Mal sehen, ohne jedoch zur ehemaligen Vertrautheit zurückzufinden. Bis zum Tod Wagners im Jahr 1883 stehen sie sich feindlich gegenüber, trotz einer geistigen Einsamkeit, die beide fühlen, besonders Nietzsche ist schmerzlich betroffen. Nietzsches Sequenz über diese Freundschaft: durch nichts kann mir ausgeglichen werden, dass ich der Sympathie Wagners verlustig gegangen bin... es ist nicht ein böses Wort zwischen und gesprochen worden, aber sehr viele ermutigende und heitere... und mit niemandem habe ich vielleicht so viel zusammen gelacht, das ist nun vorbei.
Insgesamt ein wunderbarer Streifzug von Lars Jung durch das 19. Jahrhundert mit zwei der Großen dieser Zeit.
Eine anmutige Fortsetzung dieses Dialoges einer außergewöhnlichen Freundschaft war in der musikalischen Umsetzung durch Cornelia Schumann und Thomas Mahn zu hören. Die warmen sensiblen Klänge der Viola, entweder im Einklang oder im Widerspruch mit dem Klavier schufen Raum für einen Diskurs über Musik und Philosophie, in dem sich Wagner und Nietzsche durchaus hätten begegnen können.

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