Von unserer Liebe bleibt: dass wir uns hatten

Matinee: Die Liebe ist ein seltsames Spiel - Texte der jüngsten zwei Jahrhunderte von Erich Kästner, Christian Morgenstern, Mascha Kaléko, John Osborne, Brigitte Reimann, Joachim Ringelnatz, Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht u.a.

Ric Raffael Reinhold, Robin Geisler, Angela Potowski und Jost Hasselhorn (v.l.) wurden von den Zuhörern mit herzlichem Applaus bedacht.

Liebesgedichte sind das Beste, was die Lyrik seit Jahrhunderten zu bieten hat. Von Liebe ist in der heutigen Matinee ausschließlich die Rede, aber frei nach Tucholsky wird nach dem Happyend nicht einfach abgeblendt, sondern der Liebe zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt nachgegangen. Ist Liebe wirklich ein seltsames Spiel, wie geht es nach der Euphorie weiter, macht Liebe blind und krank, wann schlägt Liebe in Gleichgültigkeit um, wann wird sie zum Hass? 
Das Eingangsgedicht von Ruppert Schützbach, das am Ende noch einmal wiederholt wird, fasst diesen Balanceakt in wenige Worte: Du bist wie eine Rose/ ich stehe neben dir/ und weiß nicht/ was mir blüht.
Bei Kurt Tucholski, von dem wir die schönsten Novellen über die Liebe kennen, wie "Schloss Gripsholm" oder "Rheinsberg", war von einem klingenden Glas die Rede, das die Zerbrechlichkeit und Kurzlebigkeit der Liebe symbolisiert, ein Glas, das nicht ausklingen kann, weil es beim Klingen gestört wird. Als es dann endlich einmal ausklingen kann, ist die Liebe schon verklungen, so dass am Ende nur Resignation bleibt, " Gott, warum hat man geheiratet - das geht heute manchmal so... ich weiß es nicht... Ich war nicht einmal enttäuscht, ich war gar nichts. Nie hat es ein böses Wort gegeben, nicht einmal das. Keine Höhen und keine Tiefen: Tiefebene... "
Ganz anders und doch ebenso zweifelnd ein Gedicht von Rainer Maria Rilke, in dem die Hände, das Wasser aufnehmend vor dem Trinken, die Möglichkeit andeuten, dass die Berührung des weiblichen Körpers allein genügt, die Seele zu Ruhe kommen zu lassen, mehr nicht. Sehnsucht nach eigener Ruhe, ob das dem anderen genügt? Jeder kann für sich darüber nachsinnen.
Ein Novum hatte die Matinee ebenfalls zu bieten, Briefe von Brigitte Reimann an Siegfried Pitschmann, die bisher nicht veröffentlicht wurden. Briefe voller Emotionen, die schon früh das Scheitern einer Liebe ahnen lassen, ihre Lebenslust und Liebe, die sie an die ganze Welt weiter geben möchte und seine Sehnsucht nach Anerkennung und Liebe, die er in stiller Passivität erwartet.
Eva Strittmatter resümiert über die Liebe, die mit einer Flamme begann und von der ein wenig Glut übrig blieb, die noch wärmt: Von unserer Liebe bleibt, dass wir uns hatten, solange Glut ist, kann auch Feuer sein.
Mit den Stimmen von Angela Potowski und Jost Hasselhorn, die sich harmonisch ergänzten, wurde das von Jost Hasselhorn zusammengestellte Programm zu einem literarischen Hochgenuss. Eine gelungene Matinee, die nachdenklich machte und trotzdem hoffnungsvolle Töne zum Klingen bringen wollte.
Zum Klingen von Beginn an trug die Umrahmung mit der perfekt zum Thema passend Musik bei, ausgewählt und vorgetragen von Robin Geisler, Gesang und Ric Raffael Reinhold, Klavier und Gesang. Beide sind Schüler am Lessing-Gymnasium in Hoyerswerda. Sie sangen und spielten sich in die Herzen der Zuhörer mit "When September ends" ebenso wie mit Franz Schuberts "Frühlingstraum" und Beethovens Lied zu Goethes Gedicht "Nur, wer die Sehnsucht kennt..." Den Höhepunkt ihrer Vortragskunst erreichten sie mit dem "Halleluja" nach Leonhard Cohen, zum Teil zweistimmig gesungen, mit allen Schattierungen von leiser Melancholie bis zum mitreißenden innigen Halleluja. 

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