Wiederentdeckung eines Dichters
Am 15.November vor 150 Jahren wurde Gerhart Hauptmann geboren. Mag es um den Schriftsteller heute stiller sein als vor 100 Jahren, als er den Literatur-Nobelpreis erhielt, zum Gespräch am Kamin des Hoyerswerdaer Kunstvereins war der Saal gefüllt. Dr. Wolfgang Wessig, der als Dramaturg am Theater Görlitz Werke des Dichters betreute, stellte eine Collage aus Briefen und Tagebüchern des Dichters vor. Die Zuhörer erlebten dadurch den Weg von der ersten Uraufführung seines Stückes „Vor Sonnenaufgang“ in der Freien Bühne Berlin unter Leitung von Otto Brahm bis zur stillen Zurückgezogenheit nach 1933. Der öffentliche Beginn 1889 konnte als der bis dahin „größte Theaterskandal auf einem deutschen Theater“ erlebt werden. Zeitungsüberschriften, öffentliche Beschimpfungen, die ungehemmte Wut der Obrigkeit begegneten dem Dichter, der ein Vierteljahrhundert später den Literatur-Nobelpreis erhielt. Der Dichter blieb sich und seinem realen Blick auf soziale Probleme seiner Zeit treu, sprach die Wahrheit weiterhin aus, ohne Beschönigungen, aber mit bewundernswerter Kunst. Er stellte sie weiterhin auf der deutschen Bühne vor. Dabei standen ihm der Intendant des Deutschen Theaters Otto Brahm, Kritiker, Dichter wie Hans Fallada und Ludwig Kunz zur Seite. Sie bewiesen Zivilcourage und sicheres Gefühl für die Kunst des jungen Dramatikers. In der Lesung wurde die Zeit deutlich, aber auch tolerante Haltung zu Kunst und Meinungsfreiheit. Gern hätte mancher auch einige Theatertexte gehört, doch der Leseabend wäre überdehnt worden. Daher kam die Hoffnung auf, dass die Theater der Lausitz Gerhart Hauptmann in diesem Jahr nicht vergessen mögen. Das anschließende Gespräch regte dazu an, es wurde zu einem Spaziergang durch die Rezeptionsgeschichte Hauptmannscher Dramatik sowohl in der Zeit des Nationalsozialismus als auch in der DDR und in der alten Bundesrepublik. Da der Dichter sich nicht missbrauchen oder verführen ließ, blieb er den Nazis fern. Die DDR überbetonte die soziale Komponente seiner Werke, vermochte das Spätwerk jedoch nicht zu erschließen. Die alten Bundesländer waren stärker auf experimentelles Theater orientiert. Da sind noch Schätze zu heben, lautete das Fazit. In Hoyerswerda, das knapp 150 Jahre zu Niederschlesien gehörte, m achten die Kunstfreunde einen Schritt auf den Dichter aus dem Riesengebirge zu und waren begeistert.