Kurzweilig, inhaltsreich und anregend
Der jüngste Vortragsabend mit Pfarrer Erich Busse aus Dresden am Mittwoch im Hoyerswerdaer Kunstverein zog trotz Sommerzeit und unbeständigem Wetter nicht nur den Kreis seiner Bewunderer ins Schloss Hoyerswerda sondern auch zahlreiche neue Interessenten. Der Referent nahm bei seinem Vortrag “Die Sprache der Grabsteine“ seine Zuhörer mit auf eine weite Reise von den Großsteingräbern der Megalithzeit bis zu den derzeit üblichen Formen des Abschieds von lieben Menschen, Verwandten, Freunden, Arbeitskollegen. Erstere finden sich von Irland bis Malta und Armenien, sind auf Sonne oder Sterne ausgerichtet und bewahren immer noch ihre Geheimnisse, wie sie errichtet, ob und welche religiöse Haltung sie trug, ob die Erbauer Kenntnis voneinander hatten usw.? Unsere Hochachtung vor den technischen Leistungen verbindet sich mit der Erkenntnis, dass Menschen in jener grauen Vorzeit bereits wussten, was Goethe in die Worte fasste: “Und solang‘ du das nicht hast,/ Dieses: Stirb und werde!, Bis du nur ein trüber Gast /Auf der dunklen Erde.“ Erich Busse verlor sich bei seinem ebenso anregenden wie Kenntnis- und facettenreichen Vortrag nicht in Details, verdeutlichte jedoch an wohl ausgewählten Beispielen vergangene Zeiten, Gesellschaften und fügte kurze präzise kunstwissenschaftliche oder handwerkliche Hinweise hinzu. Sie bildeten Brücken zu Lebensläufen, Erlebnissen und Beobachtungen, die zu weiterführenden Gesprächen herausforderten. Dadurch wurde der Abend nicht nur kurzweilig, sondern regte zu eigenem Entdecken von Historie, Geschichten, Lebensläufen, die jedem von uns begegnen, warb für Achtung vor Trauer, Trennungsschmerz und angesichts von Schicksalen anderer Menschen und Völker.
Die Sprache der Grabsteine wurde dabei nicht vergessen. An Titeln wurde entschlüsselt, was frühere Zeiten als wichtig empfanden, was Blumen auf Grabsteinen aussagen – Efeu für Treue, Gras für Vergänglichkeit, Rosen für Liebe, Maiglöckchen für Jugend, reine Liebe, Lilien für Unschuld – und was Symbole – Kreuz, Urne, Fackel, Schmetterling, Engel- einst bedeuteten und welchen Inhalt sie heute besitzen. Zeichen seien niemals eindeutig, meint Erich Busse, können verschiedenes aussagen, ihre Inhalte wandeln sich, wie und von wem sie gelesen werden. Der Referent schlug einen großen Bogen - zeitlich, ideengeschichtlich, gesellschaftlich und historisch -, verlockte zu intensivem Zuhören und zum Staunen. Er vermied Pathetik und verschwieg nicht sein Unverständnis, sein Entsetzen vor Menschen, die auf Friedhöfen - schnöden Gewinns wegen - Blumen oder Kunstwerke stehlen. Bautzener Freunde luden ein, Nikolai- und Taucher-Friedhof in ihrer einmaligen Schönheit zu besuchen, die gerade solchen Vandalen zum Trotz weiterhin zu bewahren sind.