Geistreich, sinnlich, erotisch
"Ein Wandelstern im Kosmos der Frauen", nannten Volkmar Herold und Christian Friedrich ihren nunmehr 11. Vortrag zu Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871). Und dieses Mal war nun endlich von den Frauen zu hören, die dem wilden Pückler in der Trivialliteratur so reichlich angedichtet werden. Wie von den beiden Historikern zu hören ist, können die Beziehungen Pücklers zu den Frauen in einem riesigen Fundus von Briefen nachgelesen werden, denn er war ein leidenschaftlicher Briefeschreiber und ebenso leidenschaftlich und euphorisch antworten ihm die Frauen. Ihm wird aus berufenem Frauenmund immer wieder bescheinigt, dass sein Geist und Witz, sein Charme, seine gewandte Rede und seine Sinnlichkeit wie ein unwiderstehlicher Zauber auf sie wirkten. Wenn die Frauen das so schreiben, wird es wohl so gewesen sein.
Und es sind allesamt Frauen, die nicht nur lieblich sind, sie sind gebildet und geistreich, können seiner überschwänglichen Phantasie ihren eigenen Esprit entgegen setzen und bringen jeweils eine neue Seite in ihm zum Klingen. Allerdings ist auch zu hören dass er seine Briefe kopiert, um zu wissen, was er wann an wen geschrieben hat. Und er schreibt in französischer Sprache, die anmutiger und weicher fließt und seiner Sehnsucht nach erotischer Zwiesprache entgegen kommt . Nicht umsonst nennen die Historiker Pückler einen Wandelstern im Kosmos der Frauen, in einem Kosmos, der einen Stern umgibt, ihm die Bahn vorschreibt; dieser Kosmos als Lebenselixier. Seine Erfahrung lehrt ihn, das Beste, ein Weib zu verführen, sei, die Liebeskunst der Frauen zu studieren, mit dem Ergebnis: Der vermeintliche Verführer ist am Ende der Verführte.
An diesem Abend kommen zu Wort: Luci Fürstin von Pückler-Muskau, die Ehefrau und Lebensgefährtin, Henriette Sontag, die weltberühmte Sängerin und göttliche Jette, und Fanny Henriette Jenisch, die Frau des Bankiers Martin Johann Jenisch aus Hamburg.
Lucie, von Pückler (1776 bis 1854) ist eine geborene von Hardenberg-Reventlo, eine Tochter des Freiherrn von Hardenberg. Sie war, als sie Pückler in Berlin kennen lernte, bereits mit einem von Pappenheim verheiratet gewesen, den sie mit der gemeinsamen Tochter, der späteren Adelheid Fürstin zu Carolath-Beuthen verlassen hatte. Zu ihr gehörte außerdem eine Pflegetochter, die spätere Helmine von Blücher. Pückler hat die fast freie Wahl und will alle drei gleichzeitig heiraten, entscheidet sich aber für die um neun Jahre ältere Lucie, in seinen Briefen wird er sie später "Schnucke" nennen. Sie hinterlässt ein Lebenswerk, worüber man nur staunen kann, das mit Sachverstand und Kunstsinn Pücklers Gartenkunst in Muskau und Branitz maßgeblich bereicherte, ebenso sein umfangreiches schriftstellerisches Wirken. "Eine schöne Frau ist ein Schmuckstück, eine gute Frau ist ein Schatz" war sein Urteil bei ihrer Wahl, und dieser Schatz ist sie ihm bis zu ihrem Lebensende geblieben, sie hat ihn trotz aller Eskapaden seinerseits ob seiner "Majestät und Originalität, seiner Unbefangenheit und Unschuld eines Kindes , seines Genies und seiner Weltgewandtheit" verehrt. Lucie begegnet viele Jahre nach der Affäre Pücklers mit Henriette Sontag dieser in Berlin, sie gesteht, dass diese Frau zu Recht von Pückler wegen ihres hinreißenden Gesangs einst bewundert und geliebt wurde. Nur einmal, bei dem schönen, intelligenten schwarzen Mädchen Machbuba aus Äthiopien, machte sie ein Veto geltend und gebietet dem Fürsten Einhalt.
Im Jahr 1825 begegnet Pückler der schönen Sängerin Henriette Sontag-Rossi (1806-1854). Ihr Gesang, ihre Anmut und ihr großer Erfolg auf den Opernbühnen der Welt waren wie geschaffen dafür, "seine ganze Seele mit Himmelsgewalt zu ergreifen", denn sie ist zudem "ausgestattet mit Herzensgüte und weiblicher Schlauheit". Er verehrt und liebt sie und wird wieder geliebt, bis sie sich später für den Grafen Rossi von der Bühne zurück zieht und sieben Kinder zur Welt bringt. 1848 kehrt sie aus wirtschaftlicher Not noch einmal zur Bühne zurück, wiederum mit großem Erfolg. Ihr Grab ist im Kloster Marienthal an der Neiße zu finden. Pückler ehrte sie im Nachhinein mit einer vergoldeten Büste, umrahmt von einem Rosenkiosk mit goldenen Pinienzapfen im Park Branitz, die heute jeder Parkbesucher kennt.
Als Dritte kommt Fanny Henriette Jenisch (1801-1881) zu Gehör. Ihr begegnet Pückler im Haus des Hamburger Senators Jenisch, der ihn um Rat für seinen neu angelegten Garten fragt, just in dem Moment, als Pückler auf seiner "Brautschaureise" nach London unterwegs ist. Die Frau des Hauses ist sofort von Pückler angetan, redet er doch mit ihr nicht über Geld und Hypotheken, sondern erschließt ihr eine üppige Welt von Geist, Witz und Charme, die sie in ihrer Ehe vermisst. Sie ist hingerissen und verzaubert, wie all die anderen Frauen vor ihr; sie wird ihm am Schluss schreiben: "Heißgeliebter Freund, was hast Du aus mir gemacht, Du zeigst mir den Himmel und ich darf nicht hinein". Eine reiche Braut wird sie nicht, denn das Geld gehört dem Ehemann. Auch auf der anschließenden London-Reise findet sich keine reiche Braut, so kehrt Pückler nach Muskau zurück zu Lucie, die inzwischen gemeinsam mit Varnhagen von Ense Pücklers Londoner "Briefe eines Verstorbenen" teilweise veröffentlicht hatte.
Das Ende des Abends hat dann doch etwas mit der Trivialliteratur gemeinsam: Fortsetzung im Kosmos der Frauen folgt, folgt durch die Akteure Volkmar Herold und Christian Friedrich.