Marie-Elisabeth Lüdde stellt das Buch "Verlustanzeige" über Siegfried Pitschmann vor.

Mirko Kolodziej im Gespräch mit Marie-Elisabeth LüddeEs war nicht nur die Schriftstellerin Brigitte Reimann, die 1960 nach Hoyerswerda und Schwarze Pumpe kam, sondern ein Autoren-Ehepaar – und es kam nicht unbedingt wegen der DDR-Kulturpolitik, die Künstler in die Produktion schickte. „Aber wir sind eben nicht auf Grund der Erfindung des »Bitterfelder Weges« nach Hoyerswerda gegangen, sondern es war meine Idee“, schildert Siegfried Pitschmann in seinen Lebenserinnerungen. Er hat sie zwei Jahre vor seinem Tod am 29. August 2002 der Theologin Marie-Elisabeth Lüdde diktiert, die Pitschmanns Lebensbeichte im Jahr 2004 später unter dem Titel „Verlustanzeige“ im Wartburg-Verlag veröffentlichte.
Am Donnerstag berichtete sie auf Einladung des Kunstvereins im Schloss von der Entstehung der Biographie, die sie „ein bewegendes Zeugnis eines Mannes“ nennt. Pitschmann wäre in diesem Jahr 80Jahre alt geworden und der Verein, der sich unter anderem der Pflege des Werkes von Brigitte Reimann verschrieben hat, erfüllt ihm zu diesem Anlass den Wunsch, den er Marie-Elisabeth Lüdde im Oktober 2000 auf ein Tonband diktiert hat: „Ich werde immer als Partner der Reimann befragt, weniger zu den Texten, die ich auf den Tisch gelegt habe [...] Aber ich würde doch gern für mich stehen.“
Bereits zu Jahresanfang hatte der Kunstverein mit einem Pitschmann-Abend diesem Anliegen entsprochen. Nun erfuhren seine Gäste aus dem Munde von Marie-Elisabeth Lüdde, wie sehr der Autor seine zeitweilige Lausitzer Heimat schätzte: „Im Rückblick war es für ihn hier die schönste, erfüllteste und produktivste Zeit seines Lebens.“ Pitschmann hatte die Stadt bereits Ende der 1950er kennen gelernt, als er fast ein Jahr lang als Bauarbeiter in Schwarze Pumpe tätig war. Nach einem physischen und psychischen Zusammenbruch, der damit zusammenhing, dass System und Apparat das Erscheinen seines Romans „Erziehung eines Helden“ verhinderten, war es der aus der Nachbarstadt Spremberg stammende Kollege Erwin Strittmatter, der ihm und seiner Frau zwecks Neubeginn eine Wohnung im WK I besorgte. „In unserem Haus herrschte ein buntes Leben, es gab so etwas wie ein Hinterhofmilieu: Prügeleien, Streit, Fremdgehen, lautstarke Versöhnungen und Verbrüderungen“, schilderte Pitschmann seiner C o-Autorin, die er bei der literarischen Gesellschaft Thüringen kennen gelernt hatte.
Der Titel des Buches bezieht sich auf Pitschmanns grüblerisch-bittere Aussage: „Mein Leben ist eine Kette von Verlusten gewesen.“ Marie-Elisabeth Lüdde sagt, sie sei nicht bereit gewesen, diese Bilanz gemeinsam mit ihm zu ziehen: „Er hatte ein sehr reiches Leben.“ Und dass der Kunstverein ihn 46 Jahre nach seinem Umzug von Hoyerswerda nach Rostock neu entdeckt, scheint diese These zu bestätigen.
Siegfried Pitschmann, „Verlustanzeige“, Erinnerungen, aufgezeichnet und bearbeitet von Marie-Elisabeth Lüdde, Wartburg-Verlag, 2004,ISBN 3-86160-310-1.
(Sächsische Zeitung)

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