Eine Exkursion des Hoyerswerdaer Kunstvereins nach Zittau

Das kleine Fastentuch

Es ist ein Geschenk der Götter, wenn in einer Region mit einem wirtschaftlichen Aufstieg gleichzeitig blitzgescheite Leute auf den Gang der Dinge Einfluss nehmen und die Mächtigen in der Stadt ihrem Rat dann auch wirklich folgen. „Weises Geschenk“ im doppelten Sinn des Wortes hieß darum auch die Ausstellung, die im Jahr 2009 in Zittau sehen war, „300 Jahre Bibliotheksaal und Wunderkammer“, ein Museumsraum in Mitteleuropa, der fast noch vollständig erhalten ist. Dieser Bibliothekssaal wurde 1709 im so genannten Heffterbau eröffnet, Initiator war Cristian Weise (1642-1708), der ab 1671 Rektor des Zittauer Gymnasiums und Leiter der Ratsbibliothek war, aber ein Jahr vor der Eröffnung starb. Hervorgegangen aus einer kleinen städtischen Büchersammlung, vereint mit den Beständen der aufgegebenen Kirchen und Klöster entstand die eigentliche Ratsbibliothek in der Reformationszeit, belegt durch einen Brief des Professors Fabricius aus Wien an den damaligen Bürgermeister Nikolaus von Dornspach aus dem Jahr 1564, worin die Idee dieser Sammlung für die nächsten Jahrhunderte vorweg genommen wurde: die Jugend durch das Nutzen der Raritäten und Bücher zum Studieren zu reizen. Der weitere Aufbau erfolgte durch umfangreiche Schenkungen, ab 1671 von Christian Weise initiiert, durch die wohlhabenden Bürger der Stadt geleistet. So entstand schon damals eine Sammlung zum Anfassen, mit astronomischen Geräten, zoologischen und botanischen Raritäten, Natur und Kunstobjekten und natürlich Büchern und Bildern. Das Ganze wurde in einem wunderschönen barocken Saal durch ein Deckengemälde überstrahlt, an dem die Pandora ihre geheimnisvolle Büchse als Geschenk der Götter dem öffnet, der darin sucht. 
Bibliothekssaal und Wunderkammer bildeten den Grundstock für das im Jahr 1854 gegründete erste Stadtmuseum im Königreich Sachsen. Und wie es sich für ein städtisches Museum gehört, ist hier die Geschichte der Stadt Zittau lückenlos dokumentiert, zugleich aber auch sehr eindrucksvoll die geistige Entwicklung vom 13. bis ins 19. Jahrhundert ablesbar, der Wandel im Zugang zu Bildung und Kultur, der dem Bürgertum erst durch die Reformation möglich wurde, da dieser Weg bis ins 16. Jahrhundert Klöstern und Herrscherhäusern vorbehalten war.
Nach langen Irrfahrten im Lauf der Geschichte sind Bibliotheksaal und Wunderkammer heute wieder in ihrem fast ursprünglichen Zustand zu bewundern, auch Dank des Wirkens des Museumsdirektors Dr. Marius Winzeler. Marius Winzeler ist durch die Veranstaltung „Musik und Malerei“ in Hoyerswerda kein Unbekannter, er führte die Gäste des Kunstvereins kenntnisreich und faszinierend durch das Museum, mit seinem Fachwissen und seinem Charisma erweitert und bereichert er die Geschenke der Götter ebenso wie sein berühmter Vorgänger Christian Weise.
Das betrifft den weiteren Aufbau der Sammlungen und Gebäude und die Ausstrahlung der Stadt nach außen, natürlich besonders durch die berühmten Fastentücher, das große und das kleine, welche heute von aller Welt bestaunt werden, und nicht zu vergessen, ganz Zittau bietet einen berühmten Kulturpfad, der durchaus zum Wundern und Staunen einlädt. Dr. Winzeler plant für das Jahr 2011 in Ergänzung der Landesausstellung in Görlitz mit dem Thema Via Regia, die sich von Ost nach West, von Kiew bis Santiago de Compostella erstreckt, eine Ausstellung zur Kultur- und Handelsstraße, die von Süd nach Nord verläuft und in Zittau die Via Regia kreuzt. Man kann gespannt sein.

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