„Lang ist die Kunst, kurz unser Leben“. Diese Erkenntnis verband nicht nur Goethe mit den alten Griechen, sie stand unausgesprochen auch über dem Vortrag „Kunst in der DDR“ des Hoyerswerdaer Kunstvereins.
Die Berliner Kunstpädagogin Rose Marie Radeke folgte damit einem Wunsch ihrer Partner in Hoyerswerda, die Kunst, die in vierzig Jahren DDR entstand, gemeinsam zu betrachten. Dies bot sich umso mehr an, da dieser Kreis mehr als zwei Jahrzehnte eigenständig eine Kleine Galerie gestaltete, die bei Kunstfreunden und Künstlern weit über die Region hinaus einen guten Ruf genoss. Die Gestalter öffneten immer wieder damals jungen, teils unbekannten, teils offiziell nicht immer geliebten Künstlern ihre Türen, erlebten das Entdecken von Talenten und freuten sich an Gesprächen mit Partnern, die gleiche Fragen und Hoffnungen bewegten.
Das Thema des Abends erwies sich umfangreicher als gedacht, daher erinnerte die vor allem an Künstler der ersten Generation, von denen einige wenige mit ihren Werken im Ausland die Kunst jenes kleinen Landes präsentieren durften.
Hans Grundigs Bild der Toten des KZ Buchenwald und Wilhelm Rudolphs Bilder vom zerstörten Dresden kennzeichneten ein Hauptanliegen der Künstler nach dem Erleben nationalsozialistischer Barbarei. Sie wurden teilweise in beiden deutschen Staaten aus unterschiedlichen Gründen kritisiert: DDR-Kritiker lehnten pauschal Fritz Cremers Buchenwald-Denkmal und Will Lammerts Denkmal für die Opfer vom KZ Ravensbrück als „formalistisch“ ab. Ersterer fand in Bertolt Brecht einen Verteidiger. Kunstkritiker der Bundesrepublik fällten ebenso pauschale, unangemessene und teils politisch motivierte Urteile über jene Künstler und ihre Werke.
Diesen zweifachen Missverständnissen von Kunst stellte Rose Marie Radeke Bilder von Willi Sitte, Werner Tübke, Wolfgang Mattheuer, Bernhard Heisig und anderen gegenüber, ließ anhand derer erkennen, von wem und auf welchen Bildern Motive z.B. “Die Brigade“ der Forderung nach „sozialistischen Realismus“ folgten und wer sich Themen mit kritischem Blick widmeten, um Nachdenken anzustoßen. Wolfgang Mattheuers Bild seiner Mutter „Die Ausgezeichnete“ – eine Frau die müde, bescheiden, einsam an einem Tisch sitzt, einen Strauß Tulpen vor sich, ihre besten Schuhe sind unter dem Tisch zu sehen – zeigt die Last eines langen Arbeitslebens und „traurige Demut“. Die Referentin zitierte zu dem Bild Brecht: „Echte Quelle aller Kunst ist Traurigkeit“.
Auf Bildern des Heizers Albert Ebert wurde dessen Wahrheit mit heiterer Gelassenheit, Ironie und bestem handwerklichem Können mitgeteilt. Photos von Evelyn Richter zeigten das mit diesen Kunstwerken ausgelöste Fragen wie auch das Interesse fast aller Bevölkerungsschichten an Kunst, den Wunsch nach Gespräch, Freude an Kunst. Werner Tübke und Gerhard Altenbourg wurden in ihrer unpolitischen Distanz vorgestellt, Horst Sagert, der Bühnenbildner und Ausstatter des legendären Inszenierung „Der Drache“ (Jewgeni Schwarz) am Deutschen Theater Berlin mit seinen poetischen Tönen. Die Kritik an dem Heinrich-Heine-Denkmal von Waldemar Grzimek, das immer noch Berlin zur Ehre gereicht, es sei nicht kämpferisch genug, leitete geschickt zu einer lockeren, durchaus konträren Diskussion über und folgte damit dem Anliegen des Abend und der Künstler, deren Werke seltsamer- oder bezeichnenderweise auf beiden Seiten der Mauer offiziell oft mehr missverstanden statt als Gesprächsanregung verstanden wurden. In Hoyerswerda soll diese Betrachtung fortgesetzt werden.