Vortrag von Jens Ebert, Berlin, über den Architekten Prof. Richard Paulick (1903-1978) und sein Wirken in Hoyerswerda.
Richard Paulick gehört zu den „bekannten Unbekannten“ der deutschen Architekturgeschichte, ist in einem 2006 herausgegebenen Buch „Bauhaustradition und DDR-Moderne“ nachzulesen. Bis zu dieser Zeit wussten nur Freunde und Berufskollegen Vollständiges über das bewegte Leben dieses Architekten und über seine umfangreichen gestalterischen Arbeiten. Anlässlich des 100. Geburtstages von Richard Paulick im Jahr 2003 begann unter dem Bürgermeister der Stadt Roßlau, Klemens Koschig, eine Spurensuche nach dem berühmten, vergessenen Sohn der Stadt. Da war es ein Glücksfall, dass Jens Ebert, Schüler, Mitarbeiter und Freund der Familie Paulick eingeladen war.
Jens Ebert ist in der Stadt Hoyerswerda kein Unbekannter, er war der leitende Architekt der Lausitzhalle, vormals Haus der Bau- und Energiearbeiter, die nach gemeinsamen Vorentwürfen mit Paulick von ihm 1977-1984 geplant und vollendet wurde.
Seinem Vortrag war die große Achtung anzumerken, die er seinem Lehrer noch heute entgegenbringt. Er erzählt von dem Beginn seiner beruflichen Arbeit im Büro des Chefarchitekten Paulick in Halle, in einer Atmosphäre, von der er geträumt hatte. Er schätzt ihn als charismatischen Architekten und Unternehmer, als Lehrer und Leiter, einen Leiter, der andere und vor allem junge Leute zur eigenen Taten beflügelt, Paulicks Autorität wirkte selbstverständlich kollegial und souverän zugleich.
Richard Paulick wird 1903 in Roßlau geboren, im Elternhaus wird er durch die politische Arbeit von Vater und Mutter in der Sozialistischen Arbeiterpartei geprägt. Ab 1923 studiert er in Dresden und später in Berlin als Meisterschüler von Hans Poelzig. Während des Studiums in Dresden lernt er auch Heinrich Tessenow und die Gartenstadt Hellerau mit dem Festspielhaus kennen. Rudolf Hamburger, ein Kommilitone in Dresden und bei Poelzig, wird später sein Nachfolger in Hoyerswerda.
Am Bauhaus Dessau wird Paulick nach dem Studium zum wichtigsten Mitarbeiter von Walter Gropius, geht nach Schließung des Bauhauses 1929 durch die Nationalsozialisten nach Berlin, muss 1933 aus politischen Gründen emigrieren, Rudolf Hamburger verhilft ihm zur Flucht nach Shanghai. Dort gründet er gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf Paulick mehrere Firmen, wird Professor an der St.-Jones Universität und leitet über viele Jahre hinweg das Stadtplanungsamt dieser Millionenstadt. Von dem verdienten Geld investiert er das meiste in Hilfsorganisationen für politische und jüdische Flüchtlinge.
Nach dem Krieg erwägt er eine Übersiedlung in die USA, wovon ihm aber wegen seiner politischen Aktivitäten abgeraten wird. 1950 kommt er nach Berlin, wird Mitarbeiter bei Hans Scharoun am Institut für Bauwesen für Gesamtberlin.
Ab 1951 wird er von staatlicher Seite der DDR für eine Unzahl von Vorhaben als Chefarchitekt arbeiten und besonders durch Organisationstalent und Termintreue auffallen. Dazu gehört der Wiederaufbau der Staatoper Berlin, ein Teil der damaligen Stalin- Allee mit der legendären Sporthalle, Wiederaufbau historischer Bauten, die Verkehrshochschule in Dresden, viele Messehallen im Ausland, der Neuaufbau von Hoyerswerda, Schwedt und Halle- Neustadt, eine Reihe von Theaterumbauten und von 1972-1974 die Vorplanung für die Lausitzhalle gemeinsam mit Jens Ebert und U. Schultz.
Von Wolfgang Junker wird er 1974 höchstpersönlich aus allen seine Ämtern suspendiert, aus fadenscheinigen Gründen, denn seine Unabhängigkeit in architektonischen und politischen Fragen und die Führung seines Büros waren nach Meinung des Politbüros unter Honecker kapitalistisch und selbstherrlich und zu wenig angepasst an die Führungsrolle der Partei, er stellte fachliche Kompetenz über Parteidisziplin und Parteihierarchie. 1979 stirbt Paulick verbittert und enttäuscht in Berlin.
Jens Ebert ist ein interessanter sehr persönlicher Streifzug durch das Leben Richard Paulicks zu verdanken, der in einer Schriftenreihe zur Moderne „Richard Paulick- Architekt und Städtebauer“ nachzulesen ist. Und wer demnächst an den Hochhäusern am Lausitzer Platz vorbeigeht, um die Lausitzhalle zu besuchen, könnte den Atem der großen Ideen Paulicks und seiner Lehrer Walter Gropius, Heinrich Tessenow und Hans Poelzig spüren und sich über das gelungene Werk von Jens Ebert freuen.