Josef Wiwczaryk liest aus seinem Buch über seinen Weg aus der Bukowina in die neue Heimat Lausitz.

Josef Wiwczaryk

Am Kamin im Hoyerswerdaer Schloss fand sich am Mittwoch ein großer Kreis trotz alle Witterungsunbilden ein, um zu hören, was ihr Mitbürger Josef Wiwczaryk in seinem Buch über seinen Weg aus der Bukowina in die neue Heimat Lausitz erzählt. Der einladende Hoyerswerdaer Kunstverein überraschte mit dieser Lesung viele Kollegen des einstigen Baubrigadiers und führte Menschen verschiedener Lebenserfahrungen zu intensivem Gespräch zusammen.
Was wie ein Erzählen von Erinnerungen aus ferner Zeit erschien, kristallisierte sich bald als ein tief inneres Anliegen heraus: Ein Mann, der mehr als ein halbes Jahrhundert schwer auf Baustellen arbeitete, der als Kind und Jüngling die Schrecken von Krieg, Vertreibung, Flucht und Tod erlebte, greift zur Feder und schreibt auf, was Millionen Menschen neben ihm erlebten. Doch dies nicht allein, Josef Wiwczaryk wirbt für friedliches Miteinander, für Verständnis des Anderen neben uns, für Hilfe und Zuneigung. Er freut sich am Fremden, an unbekannten Sitten, beherrscht Sprachen und vermittelt daher bei Begegnungen.
Diese Haltung mag ein Erbe seiner Familie sein, deren Mitglieder aus verschiedenen Völkern kamen und sich zu einander bekannten. Vielleicht stammt diese Offenheit auch daher daher, dass er bereits in frühster Kindheit lernte, in der Bukowina mit Kindern anderer Völker und Religionen unbefangen zu spielen, ihre Festtage und Sitten zu akzeptieren. Dadurch ertrug er die Last, die Not, die Verbrechen, die ihm auf den verschlungenen Wegen aus dem Land an den Nordkarpaten in die Lausitz begegneten, und lernte Hilfsbereitschaft und Solidarität schätzen.
Am Kamin in Hoyerswerda saß ein freundlich bescheidener Mann an dem Tisch, an dem sonst Welt bekannte Schriftsteller ihre Werke vortragen, nahm seine Zuhörer mit stiller Heiterkeit und bildhafter Sprache gefangen, überzeugte mit seinen Texten und seiner Lebenshaltung.
Die turbulente Geschichte der Bukowina erzählte er nur kurz, las Schnurren aus der Schule ebenso ruhig wie erschreckende Erlebnisse. Bei allen Trennungen und Abschieden, die Krieg und Vertreibung mit sich brachten, blieb er still in sich gekehrt, die Last bitterer Erinnerungen wog der Erzähler durch heitere Berichte, lebensnahe Erlebnisse auf. Die Zuhörer lachten gelegentlich kurz auf, um sich sofort wieder dem Mann zuzuwenden, der dies aller erlebte und nun humorvoll erzählte. „Er erinnert mich an jemanden“, rätselte ein Gesprächspartner, „mir scheint, ich bin einem entfernten Verwandten des ‚braven Soldat Schwejk’ begegnet.“ Schließlich stammen beide aus der einstigen k.u.k.-Monarchie, einem Vielvölkerstaat eigener Gemüts- und Sprachprägung.
Es mischte sich Heiterkeit mit Weisheit, Beobachtungsgabe und Erzähltalent, sanfte Ironie und Mitempfinden, das nie sentimental wurde. Selbst der Bericht vom Tod der Mutter auf der Flucht, von der Irrfahrt des Sohnes durch Deutschland zu ihrem Sarg und Begräbnis zielte nicht auf Mitleid, sondern regte zum Nachdenken darüber an, was Menschen anderen Menschen antun können.
Dabei wurde weder moralisiert noch appelliert, weder geklagt noch angeklagt, sondern tätiges Leben geschildert. Seit 13 Jahren begleitet Josef Wiwczaryk Hilfstransporte der evangelischen Kirchgemeinde Neustadt in seinen einstigen Heimatort, dolmetscht Gespräche zwischen Menschen verschiedener Sprachen, achtet darauf , dass die Spenden zu den Familien gelangen, bei denen die Not am größten ist. Das alles geschieht freundlich mit der Autorität eines mitfühlenden Herzens.
Der einstige Bauarbeiter will nicht als Schriftsteller glänzen. Josef Wiwczaryk handelt als Bückenbauer zwischen Menschen verschiedener Völker. Auch sein Buch „Heim in die neue Heimat“ vermittelt Willen zum Frieden.

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