Die Denkmale von Ernst Rietschel faszinieren bis heute

031Ingrid Tempel stellte in einer ganz persönlichen, liebenswerten Sicht den Bildhauer, Grafiker und Hochschullehrer, Ernst Rietschel (1804-1861) vor. Die Zuhörer konnten ein Leben und ein Lebenswerk bestaunen, dass nur 56 Jahre währte und doch weltweit Spuren hinterließ.
Ernst Rietschel wurde 1804 in Pulsnitz geboren und starb 1861 in Dresden. Privat verlief sein Leben nur selten behaglich und sorgenfrei.
Aus einem kleinen Büchlein „Ernst Rietschel - Erinnerungen aus meinem Leben“, zitiert Ingrid Tempel. Hier berichtet Ernst Rietschel in einer wunderbar literarischen Sprache über seine Kindheit bis zu seinem Weggang nach Berlin, als Schüler zu Christian Daniel Rauch. Der Text war ursprünglich nur für die Familie gedacht. Nach dem Tod Rietschels gab der Bruder seiner letzten Frau, Andreas Oppermann, diese Erinnerungen heraus. Der Enkel, Ernst Rietschel, ergänzte den weiteren Lebensweg an Hand von Briefen, Urenkel, Christian Rietschel, verlegte das Buch.
Der Vater war Handschuhmacher, die Mutter arbeitete als Näherin in bürgerlichen Haushalten, Geldsorgen und die Napoleonischen Kriege überschatteten den Alltag. Für eine höhere Schule und ein Studium an der Kunst-Akademie in Dresden war Ernst Rietschel auf Mäzene angewiesen, die er in bescheidenem Umfang meist auch fand. Er konnte sich hiervon nur ein armseliges Stübchen als Unterkunft und auch kaum neue Kleidung leisten.  Doch sein hartnäckiges Wollen und sein künstlerisches Talent ließen ihn bald Erfolg haben. Mit 22 Jahren wird er Schüler bei Rauch in Berlin und mit 28 Jahren Professor in Dresden. Dresden bleibt ein Leben lang sein Mittelpunkt.
Später muss er den Tod von drei Ehefrauen und zwei Kindern erleben, die vierte Ehefrau überlebt ihn sehr lange. Die Kinder aus den einzelnen Ehen bilden heute eine in die ganze Welt verstreute Familie, die sich immer wieder einmal in Pulsnitz trifft, am Denkmal für Ernst Rietschel auf dem Marktplatz, das von seinem Schüler Gustav Adolph Kiez gestaltet wurde. Auch von diesen Treffen wusste Ingrid Tempel ganz Persönliches zu berichten.
Was wir heute vor allem bewundern, sind Ernst Rietschels Denkmale, Porträtbüsten und Medaillons im öffentlichen Raum, in vielen Orten in Deutschlands und darüber hinaus. In Paris wurde er mit dem "Ritter der französischen Ehrenlegion" geehrt, viele Kunstakademien ernannten ihn zum Ehrenmitglied: Paris, Stockholm, Wien, Brüssel, Kopenhagen, Rom und Antwerpen.
Rietschels bekannteste Werke sind:
das König-Friedrich-August-Denkmal in Dresden, das Lessing-Denkmal in Braunschweig, das Goethe-Schiller-Denkmal in Weimar, Goethe und Schiller an der Semperoper in Dresden, das Giebeldreieck für das Königliche Hoftheater Dresden, das sich heute in Bautzen auf der Ortenburg befindet, das Giebeldreieck für die Oper unter den Linden in Berlin, das Carl-Maria-von-Weber Denkmal in Dresden, das Reformationsdenkmal in Worms. Zu allen kann Ingrid Tempel von ganz persönlichen „Begegnungen“ erzählen.
Ernst Rietschel stirbt mit 56 Jahren in Dresden, es ist kaum zu glauben, was ein Mensch in so kurzer Zeit schaffen kann. Sein Grab befindet sich auf dem Trinitatisfriedhof in Dresden-Johannstadt.

Bei einem Stadtspaziergang in Dresden kann man, zwischen Zwinger und Semperoper beginnend, vielfach Ernst Rietschel begegnen: zuerst stehen wir direkt vor dem Denkmal für Karl Maria von Weber, gehen zum Eingang der Semperoper weiter, hier begrüßen uns Goethe und Schiller, über den Theaterplatz geht es an der Kathedrale vorbei zum Oberlandesgericht, dem ehemaligen Ständehaus. Davor steht das Denkmal für König Friedrich August I. von Sachsen, auf einem Sockel von Gottfried Semper. Am Aufgang zur Brühlschen Terrasse grüßt uns von oben schon das Denkmal für Ernst Rietschel, das ihm sein Schüler Johannes Schilling nach seinem Tod in beeindruckender Weise setzte. An dieser Stelle stand einst das Atelier von Ernst Rietschel. Wie viele der Werke Rietschels, wurde auch sein Denkmal in Lauchhammer gegossen: Eine Büste des Künstlers steht auf einer Stele, geschmückt von drei Medaillons, den Musen von Poesie, Geschichte, und Religion. Johannes Schilling verweist damit sehr liebevoll auf den Menschen Rietschel, auf seine Liebe zu allen Künsten und auf sein tiefgründiges Wissen um Geschichte und christlichen Glauben. Drei Figuren, die die Tätigkeit eines Bildhauers demonstrieren, zieren den Sockel: sie zeigen einen „jungen Rietschel“ in klassisch griechischer Gewandung beim Zeichnen, beim Formen in Ton und beim Meißeln.
Gehen wir auf der Brühlschen Terrasse weiter, gelangen wir vor der Treppe zum Georg-Treu-Platz zu einem weiteren Denkmal von Johannes Schilling: Gottfried Semper, ausgestattet mit einer langen Zeichenrolle. Von hier aus werfen wir noch einen Blick in Richtung Frauenkirche und wissen, davor steht ein Lutherdenkmal, geschaffen wurde es von Adolf von Donndorf, ebenfalls ein Schüler Rietschels. Für den Kopf verwendete er ein aus Ton bestehendes Model, das Ernst Rietschel für Luther am Denkmal in Worms geformt hatte, was aber dort nicht verwendet wurde. Ernst Rietschel hatte als letztes Werk das Reformationsdenkmal in Worms entworfen, nach seinem Tod wurde es von den Schülern Johannes Schilling, Adolf von Donndorf und Gustav Adolph Kiez fertig gestellt. Wenn wir auf der Brühlschen Terrasse weiter gehen, kommen wir zum Albertinum und finden hier im Mosaiksaal Rietschesl Marmorbüste für Christian Daniel Rauch. Alexander von Humboldt schrieb einst dazu: “Etwas Herrlicheres in der Skulptur der menschlichen Gesichtsbildung ist mir nie vor Augen gekommen.“
Dank des Vortrags von Ingrid Tempel wird man nun bei einem Besuch in Dresden, nicht achtlos an diesen Werken vorüber gehen, sondern wissend und neugierig davor stehen bleiben.  

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