Der Dom in Bautzen, eine Simultankirche mit vielen Besonderheiten

Ein Vortrag von Ingrid Tempel im Schloss Hoyerswerda

Ingrid Tempel präsentiert ihre Schätze vom Bautzener DomIngrid Tempel hat viel Wissenswertes über den Dom St. Petri in Bautzen zusammen getragen und in einem Vortrag im Schloss Hoyerswerda einem interessierten Publikum vorgestellt.
Man kann sich kaum vorstellen, dass ein kirchliches Bauwerk seit fast 500 Jahren von evangelischen und katholischen Christen gemeinsam genutzt wird. Wenn man den Dom betritt, ist das nicht zu spüren, weil es nur einen hohen Altar im Chorraum gibt. Dieser gehört zum katholischen Teil, ein 1,10m hohes Geländer trennt diesen vom evangelischen Teil im Langhaus unauffällig ab. Zwei Pforten ermöglichen dem heutigen Besucher den Zugang zu beiden Teilen, das war nicht immer so, in den Anfangszeiten bildete ein hoher Lettner die Abtrennung, später wurde daraus ein etwas 4,00 m hohes Gitter, was nicht nur die räumliche sondern auch die Glaubenstrennung sichtbar machte.
Um die gegenseitige Akzeptanz zu versinnbildlichen, ist heute der Altar für den evangelischen Gottesdienst als Altartisch gestaltet, so dass ein freier Blick darüber hinweg zum katholischen Altar möglich ist.
Der Dom kann eine tausendjährige Geschichte nachweisen, bereits um das Jahr 1000 wurde hier eine Pfarrkirche errichtet. In den Jahren von 1221 bis 1430 erhielt der Dom seine heutige Gestalt einer dreischiffigen Hallenkirche, 30 Jahre später wurde an der Marktseite noch ein viertes Kirchenschiff angebaut.
Mit der Reformation hatte sich eine Mehrheit der Christen zum lutherischen Glauben bekannt und so sollte der Dom auch für die Protestanten als Kirchenraum zur Verfügung stehen. Dass dies einvernehmlich geregelt wird bis heute, ist in der Geschichte des Christentums in Deutschland ziemlich einmalig. Die wichtigste Vermittlerrolle übernahm hierbei Johann Leisentritt (1527-1586), er war katholischer Geistlicher des Kollegialstifts Bautzen und leitete das Bistum Meißen in der Zeit als das Bistum Meißen evangelisch wurde, er war danach zuständig für beide Konfessionen. Sein Grab am Alter im katholischen Teil erinnert bis heute auch sichtbar an ihn.
Im katholischen Teil findet man auch eine außergewöhnlich eindrucksvolle, in Holz geschnitzte, Kreuzigungs-Skulptur von Balthasar Permoser. Zwei weitere Permoser-Skulpturen, Augustinus und Ambrosius aus der ehemaligen Hofkapelle in Dresden, befanden sich seit 1751 ebenfalls im Bautzener Dom, diese wurden inzwischen an die Kathedrale in Dresden zurückgegeben und sind heute dort zu bewundern. Die Orgel ist wenig auffällig in das Seitenschiff eingebaut.
Im evangelischen Teil gibt es eine große prächtige Orgel der Bautzener Firma Eule, wertvolle Schnitzereien und historisch wertvolle Altäre im Seitenschiff. Einer wurde von Dr. Gregorius Mättig (1585-1650) gestiftet. Er war Arzt und Gelehrter sowie Ratsmitglied in Bautzen. In seinem Testament legte er den Grundstock für eine Stiftung, die sozial schwachen Schülern den Zugang zu Gymnasium und Studium finanzierte. Die Stiftung wurde nach Weltkrieg und Inflation nicht weiter geführt. 2007 erfolgte eine Neugründung, auch mit Mitteln der Mättig-Nachkommen aus Brasilien, Belgien, Kanada und Deutschland. Unterstützt werden weiterhin junge Menschen auf ihrem Bildungsweg für die Region und weitere Bildungsprojekte, sowie der kulturelle Austausch mit Polen und Tschechien.
Beerdigt wurde Gregorius Mättig vor seinem Epitaph.
Unter den heute in Deutschland vorhandenen 64 Simultankirchen ist Bautzen damit die älteste. Dies kann man in einem Buch von Heinz Henke „Wohngemeinschaften unter deutschen Kirchendächern“ nachlesen.
Weitere interessante Geschichten und Details vermittelte Ingrid Tempel sehr eindrucksvoll und als Zuhörer war man erstaunt, wie viel Neues es am Bautzener Dom noch zu entdecken gibt.
St. Petri Bautzen, Blick auf den evangelischen TeilDom St. Petri BautzenDom St. Petri Bautzen. Über einem Eingang für evangelische Christen (links) und einem Eingang für katholische Christen (rechts) hängt eine Abendmahlsdarstellung. Dazwischen  ist das Geländer zu sehen, das beide Kirchenteile trennt.

 

 

 

 

 

Nachtrag zu einem besonderen Detail:
Zum Schutz des Abendmahlaltars im südlichen Seitenschiff des evangelischen Teils wurde ein Fenster des Künstlers Ralf Reimann eingebaut, das vor den Einwirkungen des Sonnenlichtes schützen soll. Ein Spruch aus Psalm 36.10 ist in fünf Sprachen zu lesen: „Denn bei dir ist die Quelle des Lebens und in deinem Licht sehen wir das Licht.“ Hebräische Schriftzeichen überlagern den Text in deutscher, sorbischer, tschechischer und polnischer Sprache. 

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