Ich, der Kaiser. Napoleon Bonaparte - wie er sich selbst sieht.
Matinee beim Hoyerswerdaer Kunstverein
An einer Gestalt wie Napoleon, kommen die Historiker nicht vorbei und sie können sein Wirken bis heute nicht endgültig einordnen. Doch hören wir, was in einer Lesung des Hoyerswerdaer Kunstvereins Napoleon über sich selbst sagt und denkt. Die Texte hat Helene Schmidt mit viel Aufwand ausgewählt und trägt sie gemeinsam mit Heidrun Dietrich, Barbara Kegel und Angela Potowski kurzweilig und professionell vor.
Der Offizier Las Cases war Napoleon freiwillig ins Exil auf St. Helena gefolgt und schrieb über diese Zeit ein Tagebuch. Napoleon spricht von sich als einem Mann von Herz, der den Abgrund des Anarchismus überbrückt hat und für Ordnung im Chaos sorgte, einer, der die Flecken der Revolution auslöschte und Völker adelte, einer, dessen Wirken hell wie die Sonne glänzt. Ein Geschichtsschreiber wird beweisen, dass in solch einer Zeit eine Diktatur durchaus nötig war. Wird er schreiben, dass ich den Krieg zu sehr liebte? Er wird zeigen müssen, dass ich stets der Angegriffene war. Dass ich zu viel Ehrgeiz besaß? Sicherlich, den besaß ich, aber den höchsten und schönsten, der jemals einen Menschen ergreifen konnte.
Soweit Napoleon selbst.
Geboren wird Napoleon 1769 in Ajacco auf Korsika, besucht diverse Militärschulen, ab 1779 in Frankreich. Zu seinen Mitschülern pflegte er kaum Kontakte, wird von ihnen als eigenwillig und zornig beschrieben, war aber ein ausgezeichneter Schüler. "Ich fing an, Romane zu lesen... versetzte mich in Gedanken in eine ideale Welt und untersuchte, worin sie sich von derjenigen unterschied, die mich umgab." Napoleon wird nach der Revolution General der Heimatarmee und leitet später den Feldzug nach Ägypten Bei seiner Rückkehr von dort wird er in Aix und Lyon bereits wie ein Herrscher mit Freudenausbrüchen empfangen, 1799 ernennt man ihn zum Konsul, der wider Erwarten nicht nur die militärischen Angelegenheiten regeln will, sondern auch alle über Politik, Finanzen, Rechtpflege und Rechtswissenschaft. Man muss zugeben, in Napoleon einen Meister gefunden zu haben, der alles machen will und kann. Für viele ging damals "ein leuchtender Stern auf, der junge General Bonaparte", ist bei Ivo Andric zu lesen. Da Napoleons Stern nun so hoch stand, fand er es angemessen, sich zum Kaiser krönen zu lassen und dazu den Papst nach Paris zu bitten, "Der glückliche Einfluss auf die Moral meines Volkes, den die Wiedereinführung der christlichen Religion gehabt hat, bewegt mich, Eure Heiligkeit zu bitten, nach Paris zu kommen und der Salbungs- und Krönungsfeier des ersten Kaisers der Franzosen in feierlicher Weise die Weihe der Religion zu verleihen." Bei einer feierlichen Weihe bleibt es dann auch, den beim Zeremoniell der Krönung setzt sich Napoleon die Krone selbst aufs Haupt und seiner Frau Josephine gleich mit. Der Papst ist mehr gerührt als erbost und erteilt folgsam den gewünschten Segen.
In der Folge führt Napoleon seine Hofhaltung im Schloss Fontainbleau ebenso effizient wie sein Militär, in den Rechnungen herrschte Ordnung und Regelmäßigkeit, seine Jagden kosteten ihn jährlich 400 000 Franken, während der König sieben Millionen im Jahr dafür ausgegeben hatte. Die Hofbediensteten waren in Königszeiten nicht versorgt, jeder musste sehen, wie er fertig wurde. Unter Napoleon dagegen fand jeder, der Dienst tat, in dem ihm zugewiesenen Zimmer alles Notwendige vor. Napoleon selbst verzichtete auf eine Leibwache, "hatte man einmal die äußere Linie der Schildwachen überschritten konnte man sich im Schloss frei bewegen".
Napoleons ehrgeizige Pläne, ein gesamt europäischer Herrscher zu werden, lassen ihn unendlich viele Schlachten führen, bei denen er immer in vorderster Front dabei ist. 1805, noch vor der Drei-Kaiser-Schlacht bei Austerlitz, unterbreitet Napoleon dem preußischen König ein Friedensangebot für ein neues Europa, natürlich unter seiner Führung, das abgelehnt wurde, obwohl Napoleon Friedrich Wilhelm III. mit "Mein Herr Bruder" ansprach und um ein gemeinsames Vorgehen in Europa warb, doch Preußen verfolgte selbst ehrgeizige Pläne für einen europäischen Staat unter seiner Führung.
Den Traum von einer "geographischen Gruppierung der Völker Europas" verfocht Napoleon ein Leben lang. "Erst, wenn die Völker Europas auf diese einfachste Form zurück geführt wären... würde man die Möglichkeit finden, überall ein und dieselbe Gesetzgebung... die Gleichheit von Meinungen und Gefühlen... und Interesen herbeizuführen."
Der Siegeszug Napoleons durch Europa wird zuerst in Moskau empfindlich gestoppt und endet später im Desaster der Völkerschlacht bei Leipzig. Selbst als er mit seinem Heer vor dem brennenden Moskau steht, träumt er davon, wie es gewesen wäre, wenn er wie geplant, in Moskau Winterquartier bezogen und im Frühling den Feind geschlagen hätte, Europa wäre ein Volk geworden... ein neuer Horizont wäre erschienen. Nun aber, welch ein Unglück für Frankreich, für Europa. Am 12. April 1814 unterschreibt er die Abdankungsurkunde und wird auf die Insel Elba verbannt. Von dort kommt er 1815 noch einmal zurück, zieht in Paris ein, wird mit Begeisterung empfangen: "Soldaten, ich bin mit einem einzigen Bataillon nach Frankreich gegangen, weil ich auf die Liebe des Volkes und die Erinnerung der alten Soldaten rechnete. Ich habe mich nicht getäuscht. Soldaten, ich danke euch!" Die Schlacht bei Waterloo beendet noch im gleichen Jahr die Ära Napoleon. Seine nunmehrige Verbannung nach St. Helena wird endgültig sein. "Alle Welt hat mich verlassen, Frankreich ist geschändet worden, es ist nur noch eine entehrte, erbärmliche Nation. Sie hat ihren verdienten Lohnempfangen, statt fest zu mir zu stehen, hat sie mich verlassen."
1821 stirbt Napoleon im Alter von 51 Jahren. Sein Leichnam wird 20 Jahre später in einem prächtigen Sarkophag und unter begeisterter Teilnahme der Bevölkerung in den Invalidendom nach Paris überführt.
Wie aber war der Kaiser Napoleon Bonaparte wirklich? Viel Stoff zum Nachdenken und Nachlesen. Ein besonders herzlicher Dank an die Protagonistinnen.