Lebensläufe - aus der Sicht des Filmemachers Bernd Caesar Langnickel

Bernd Caesar Langnickel (*1951) zeigt zwei Kurzfilme beim Hoyerswerdaer Kunstverein.: "Der Maler Werner Tübke" und "Casanova in Sachsen".

Bernd Caesar Langnickel zeigt seine Kurzfilme beim Hoyerswerdaer Kunstverein: Der Maler Werner Tübke und Casanova in Sachsen.Ausschnitt aus dem Film "Der Maler Werner Tübke" von Bernd Caesar Langnickel.Werner Tübke vor dem Panoramabild in Bad Frankenhausen, vor dem Brunnen der Fruchtbarkeit und Unsterblichkeit.Es sind die Lebensverläufe der Großen und Kleinen unserer Gesellschaft, in denen das berichtet wird, was jede Zeit auf's Neue interessant macht. Wie viele Lebensmöglichkeiten hat jeder von und schon in seinem Umfeld erfahren und wie viele wurden uns aus der Zeit unserer Vorfahren weitererzählt? Hinzu kommt, dass jeder diese Biografien wiederum ganz subjektiv wahrnimmt und weiter gibt.
So konnte man gespannt sein, wie Bernd Caesar Langnickel zwei ganz unterschiedlichen Leben, das von Werner Tübke und das des Abenteurers Casanova, den Zuhörern zu Betrachtung und Diskussion stellen würde. 
Bernd Caesar Langnickel ist gebürtiger Hoyerswerdaer, legte hier das Abitur ab und schrieb Texte für den damaligen Hoyerswerdaer Singeklub. Später studierte er Journalistik und arbeitete für das Fernsehen. Seit 1995 drehte er 30 Filme mit dem Titel "Lebensläufe" für den MDR, beim MDR arbeitet er noch heute an verschiedenen Sendungen redaktionell mit. 
Werner Tübke (1929-2004) ist der berühmte, allerdings nach der Wende teilweise gescholtene Maler, des Bauernkriegspanoramas in Bad Frankenhausen, an dem er von 1976 bis 1987 gearbeitet hat. Er gehörte zur "Leipziger Schule" und lehrte in den 70ern als Professor an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. In dem sehr einfühlsamen Filmporträt aus dem Jahr 1998 begleitet Bernd C. Langnickel den geistig regen Werner Tübke zu wesentlichen Standorten seines Lebens. Er lässt Tübke jeweils sehr ausführlich über die Höhen und Tiefen seines Lebens berichten, über seine Art zu malen, über die Zwänge in der DDR und über die Privilegien, die er innehatte. Wir erleben ihn in seinem Atelier in Leipzig, in Italien, wo er häufig zu Studienaufenthalten weilte, in Bad Frankenhausen vor dem Panorama-Gemälde zur frühbürgerlichen Revolution in Deutschland, 14 m hoch und 120 m lang. Der Inhalt diese Gemäldes ist weit mehr als der Bauernkrieg, es ist die erschütternde Geschichte der Menschheit, farbenprächtig und tiefgründig, in einer Detailvielfalt, die ihres gleichen sucht in der Welt. 
In der Salvatoris-Kirche in Clausthal-Zellerfeld, befindet sich sein letzes größeres Werk, ein Flügelaltar, vor dem Tübke von seinem Leben nach der Wende erzählt. Die Farben des Altars sind sehr pastös gehalten, beinahe versöhnlich. Bei geschlossenem Altar ist das menschenleere Paradies zu sehen, denn Adam und Eva mussten das Paradies verlassen. Man könnte fast meinen, was danach kam, setzt sich im Panorama-Bild in Bad Frankenhausen fort. 
Die Maltechnik hatte Tübke den Renaissance- Malern abgeschaut, seine Darstellung aber ist eine ganz eigene, zwischen Realität und Vorstellung, reich an Phantasie und ungeheurerem philosophischen Wissen um Mensch und Natur. Die Besucher hat der Film sehr berührt. 
Aus dem 18. Jahrhundert begegnete uns mit dem Film "Casanova in Sachsen" ein ganz anderes Genre der Kunst, die Literatur des Barockzeitalters. Giacomo Girolamo Casanova (1725-1798) war ein venezianischer Schriftsteller, der aus Abenteuer und Phantasie seine Memoiren über sein außerordentlich bewegten Lebens schrieb, eine Ausgabe von 1980 umfasst 12 Bände. 
Bernd C. Langnickel drehte diesen Film 1998 und erinnerte damit an den 200. Todestag Casanovas. Dessen Lebensweg führt von Venedig durch ganz Italien und Europa, entweder auf der Flucht oder auf der Suche nach einer Anstellung an einem Fürstenhof. Studiert hatte er die Rechte und ein bisschen Theologie, studiert hatte er auch alle Frauen auf seinem abenteuerlichen Weg, diese finden sich in phantasievollen erotischen Beschreibungen wieder, aber auch die Berühmtheiten der Zeit, Friedrich der Große, Katharina II, Voltaire, Winckelmann, Päpste und Wissenschaftler gehören zu seinen Gesprächspartnern. Angekündigt hatte Bernd C. Langnickel, er wolle das Bild Casanovas, gerade rücken, der im Gedächtnis der Menschheit fast nur auf die Frauen reduziert wird. Allerdings erschien der Film dann doch sehr erotisch überlagert und nur wenig war von dem zu hören, was sonst in den Memoiren steht, wahrscheinlich für einen Film unserer Tag zu langweilig, so wie die 12 Bände Memoiren, die sicher noch kaum einer vollständig gelesen hat. 
Seine letzten 13 Lebensjahre verbrachte Casanova auf dem Schloss des Grafen Joseph Karl von Waldstein im böhmischen Dux als Bibliothekar. Ein Leben lang hat er geschrieben und Geschriebenes übersetzt. Hier "dichtet" er bis zu seinem Tod im Jahr 1798 an besagten Memoiren. Zwischendurch weilte er von 1796 und 1797 in Dresden, es ist die Regierungszeit von Sachsens späterem König, Friedrich August I. Die Gemäldegalerie in Dresden hatte sein Bruder, der Maler Francesco Casanova, schon früher für Studienzwecke genutzt. Ein schönes, jugendliches Portrait malte Francesco vom Bruder Giacomo Casanova. Beide verband eine lebenslange Freundschaft.
Begraben wurde Casanova in Dux, heute Duchcov. Sein Grab nicht mehr bekannt, aber die Erinnerung an ihn wird in Dux sehr lebendig gehalten, das heutige Schloss-Museum ist vorrangig Casanova gewidmet.
Zum Schluss waren die Zuschauer ein bisschen stolz, dass ein Sohn ihrer Stadt diese interessanten Filme produziert hat, wobei weitere aus seiner Reihe "Lebensläufe" auch interessant wären, wie "Der Wildschütz Karl Stülpner", " August Horch", "Der Retter von Auerbachs Keller", "Der Filmkomponist Werner Richard Heymann" und andere.