Nicht nur besinnlich

Geschichten zur Weihnacht, gelesen von Uwe Jordan beim Hoyerswerdaer Kunstverein

Uwe Jordan liest beim Hoyerswerdaer Kunstverein Geschichten aus dem Erzählband "Wunderweise Nacht".Seit fast 2000 Jahren wird die Weihnachtsgeschichte erzählt, die Geburt Jesu im dunklen ärmlichen Stall, dem viel Licht und Liebe, tiefer Glauben und weise Gaben dargebracht werden.Es ist wohl kaum möglich, die Dichter zu nennen, die Musiker, Maler, Bildhauer und Kunstgewerbler, die von dieser Geschichte nicht berührt waren und sie mit ihrer Kunst über die Jahrhunderte weiter getragen haben. 
Vieles davon ist verloren gegangen. Uwe Jordan machte deshalb mit einer Lesung auf den Erzählband "Wunderweiße Nacht" aufmerksam, der namhafte Dichter vereint, herausgegeben 1964 vom Hentschel-Verlag, Berlin. Es sind nicht die Geschichten, in denen Jesus für ewig ein Baby bleibt, es sind Geschichten, die erschüttern und faszinieren, weil sie in ihrer teils schrecklichen oder skurrilen Art auch als Weihnachtsgeschichten passiert sind oder passiert sein könnten. 
Uwe Jordan favorisierte für die Lesung "Die Nacht vor Weihnachten" von Nikolai Gogol (1809-1852), "Die drei stillen Messen" von Alphonse Daudet (1840-1897) , "Die Gabe der Weisen" von O. Henry (1862-1910) und "Weihnachten in der Erziehungsanstalt" von Herbert Jobst (1915-1990). Gelesen wurde leider nur aus den ersten beiden.
Gogol schildert in der "Nacht vor Weihnachten" eine groteske Szene im bäuerlichen Milieu in der winterlichen Ukraine. Die Dorfschöne, die 17-jährige Oxana, wird von jungen und alten Männern gleichermaßen hofiert, allerdings ist sie sich ihrer Schönheit mehr als bewusst und verhält sich dementsprechend launisch und hoffärtig. Großartig dargeboten ein Gespräch Oxanas mit ihrem Spiegelbild, nach eitlem Hin und Her stellt sie fest, dass sie doch die Schönste unter all den Mädchen ist, die sich zur Feier hier versammelt haben. Selbst dem jungen phantasievollen Schmied, dem das liebliche Antlitz Oxanas Tag und Nacht vor Augen steht, wird das Taktieren der Schönen zu viel, sein Leben erscheint ihm nicht mehr lebenswert. Oxana jedoch spielt das Spiel weiter und verspricht ihm Erhörung, wenn er ihr die prächtigsten Schuhe der Kaiserin als Geschenk bringen würde. In einer märchenhaften Groteske mit Diakon, Kosak, Hexe, Teufel und Teufelskerl Patzuk wird erzählt, wie der Schmied mit List und Hilfe des Teufels zur Kaiserin gelangt, mit Geist und Charme die Schuhe von der Kaiserin erbittet, Oxana ihr Wort wider Erwarten hält und am Ende eine glückliche Familie die Szene verlässt. 
Heilig und irdisch zugleich schildert Alphonse Daudet die Heilige Nacht, in "Die drei Stillen Messen" in der französischen Provence. Ganz unheilig wird hier Hochwürden Dom Balaguére beim Lesen der drei vorgeschrieben Messen vom Messdiener in Gestalt des Teufels dazu verführt, an nichts anderes zu denken, als an den prächtigen Weihnachtsschmaus, der ihn erwartet. Uwe Jordan liest die Szene verführerisch wie einen Duft von knusprigem Braten und edelstem Wein. Schneller und schneller klingelt das Glöckchen des Messdieners , schneller und schneller erklingen die lateinischen Worte der Messe, zum Schluss nur noch hastiges ohnmächtiges Gemurmel. Endlich an der Tafel sitzend, wird sich Dom Balaguére zu Tode essen und trinken und später vor Gottes Thron eine angemessene Strafe erhalten, 300 Stille Messen zu lesen, so wie es sich gebührt.
Spannend wäre sicher auch die Geschichte von Herbert Jobst zu hören gewesen, dem in Neu-Welzow geborenen Dichter, den übrigens Brigitte Reimann persönlich kannte. Am Heiligen Abend erhalten die Jungen in einer Erziehungsanstalt, in einer Zeit, als Kriegsbücher und Kriegsspielzeug zu den meist gekauften Geschenken zu Weihnachten gehörten, Papprüstungen. Das Spiel wird zur ganz und gar unweihnachtlich kriegerischen Wirklichkeit. 
Leider kam "Die Gabe der Weisen" aus Zeitnot auch nicht zu Wort. Der amerikanische Autor, O. Henry, schildert, wie ein junges Paar sich trotz größter Armut am Weihnachtsabend gegenseitig überraschen möchte. Sie opfert ihr prächtiges Haar für eine Uhrenkette für die Taschenuhr ihres Mannes, er verkauft eben diese Uhr und schenkt ihr davon funkelnde Diademe fürs Haar. O. Henry beendet seine Erzählung so: "In einem Schlusswort an die Weisen unserer Tage lassen Sie mich noch eines sagen, dass nämlich von allen, die schenken, diese beiden die Weisesten waren. Immer und überall. Sie sind die Könige."