Fürst Pückler, die Religionen und die bestmögliche aller Welten

Lesung und Gespräch mit Christian Friedrich und Volkmar Herold beim Hoyerswerdaer Kunstverein

Christian Friedrich und Volkmar Herold, von links, lesen beim Hoyerswerdaer Kunstverein, 2018. Park am Schloss Branitz, mit Pergola und VenusDie Branitzer Historiker Christian Friedrich und Volkmar Herold legen akribisch Wert auf authentische Quellen. Bei ihren Forschungen zur Person des Hermann Fürst von Pückler-Muskau (1785-1871), dem ihr Interesse seit Jahrzehnten gilt, studieren sie die Originalausgaben von Briefen, Büchern und Biografien. Die Biografin, Ludmilla Assing (1821-1880), schrieb eine zweibändige Biografie über Pückler; er hatte ihr diese Aufgabe mit dem Erbe seines Nachlasses auferlegt. Hierin ist nun zu lesen, dass Pückler auf dem Rückweg seiner großen Orientreise von 1834-1840, in Budapest zum Katholizismus übergetreten sei. Aufgrund von Ungereimtheiten hatten Christian Friedrich und Volkmar Herold dies seit langem bezweifelt. Licht ins Dunkel brachte die junge Lehramtsstudentin, Elisabeth Pieplow, mit ihrer Masterarbeit an der Universität Potsdam. Sie forschte in Kirchenbüchern, Taufregistern, Sterberegistern, Briefen, Pressemitteilungen und kam zu dem Schluss: Hermann Fürst von Pückler-Muskau ist nie zum Katholizismus übergetreten. Pückler aber hat es der Nachwelt als eine seiner vielen Selbstinszenierungen glaubhaft vermittelt.
Doch welchen Einfluss hatten die Religionen auf das Leben Pücklers? War Pückler ein religiöser Mensch? Wie stellt Pückler seine religiösen Inspirationen im Park Branitz dar?
Diesen Fragen gingen die Historiker in ihrem Vortrag nach. Es war auch für die langjährigen Zuhörer des Hoyerswerdaer Kunstvereins eine spannende, neue Reise zu Pückler, dem geistreichen Fürsten, Schriftsteller, Weltenbummler und Meister der Inszenierungen.
Pückler selbst war Protestant, hat sich über den Protestanimus zwar nicht direkt geäußert, über die endlosen, wenig erbaulichen Predigten schon und auch zu Luther, er bezeichnete ihn als einen gläubigen Katholiken bis ans Lebensende, der den Katholizismus ändern wollte, nicht zerstören. Der Katholizismus hingegen hatte für Pückler mehr Leidenschaft, der katholische Kult eine antike Größe. Judentum, Islam, agytische Kultur und griechisch-römische Mythologie und waren ihm ebenso vertraut wie liebenswert. Diese Vielfalt von Glaubensmöglichkeiten gehörte für Pückler in Anlehnung an "Leibniz bestmögliche aller Welten" zu einer vollkommenen Welt. Pücklers Weltbild gründet sich also nicht auf eine einzige Religion, er hat alle gleichberechtigt nebeneinander und in Beziehung zueinander begriffen und einfallsreich, beinahe wie ein Vermächtnis, in die Parklandschaft am Schloss Branitz integriert. Ein ähnlicher Park findet sich sicher kein zweites Mal auf dieser Welt.
Die Mondstele mit dem islamischen Halbmond auf dem Mondberg steht gegenüber vom heiligen Berg mit der Kreuzstele, dem Symbol des Christentums. Maria mit dem Kind und Athene sind auf kleinen Giebeln der Nebengebäude zu finden, ebenso Thalia, die Göttin der Muse und Judith mit dem Haupt des Holofernes. Venus bereichert gleich an zwei Orten die wundervoll gestalteten Grünanlagen am Schloss. Im Pergolagarten stehen sich griechisch-römische Götter in Bronze gegenüber, die gemauerten Umfassungswände der Pergola sind mit Terrakotten zur griechisch-römischen Mythologie nach Entwürfen von Thorvaldsen verziert.
Die ägyptische Brücke in der Nähe des Tumulus, der Seepyramide, ist mit dem Symbol des Judentums, dem Davidstern geschmückt, der Tumulus wiederum war in Anlehnung an die ägyptischen Pyramiden, die ausschließlich den Pharaonen als Grabstätte dienten, ursprünglich für ihn allein vorgesehen, heute ist dort auch seine Frau Lucie begraben. Das Wasser um den Tumulus galt ihm als Sinnbild für den Fluss Styx, gleichzeitig eine weibliche Flussgöttin und Fluss der Unterwelt, das Weibliche, das den männlichen Tumulus umgibt. In der griechischen Mythologie bringt der Fährmann Charon die Lebenden über den Fluss Styx ins Totenreich. Ein Linde in der Nähe des Tumulus wiederum gilt als heidnisches Symbol. In einer Blickachse zur Seepyramide steht die Landpyramide, die Pückler als Grabstelle für Lucie geplant hatte, die jedoch zum Zeitpunkt ihres Todes noch nicht fertig war.
So könnte der Park für Weltoffenheit und Toleranz, Vielfalt von Religionen und Kulturen, Phantasie und Bildung, und vieles Weitere stehen. Pückler schreibt im hohen Alter in sein Tagebuch: "Ich liebe Gott in den zahllosen Erscheinungen seiner Welt, in allen Sternen, Menschen, Tieren und Pflanzen". Der Park am Schloss Branitz- ein einzigartiges Lehrreich für das Fach Ethik.