China- gesehen mit dem wachen Blick eines Radiojournalisten

Mirko Schwanitz bereiste China abseits der Touristenströme

Mirko Schwanitz Es ist ein ungewöhnlich tiefgründiger, aber auch kritischer Blick, mit dem Mirko Schwanitz als Außenstehender den Wandel im heutigen China beschreibt. Bereits im September hatte Uwe Jordan beim Hoyerswerdaer Kunstverein das Buch "Dritte Hälfte" der jungen Chinesin Ling Xi vorgestellt, die in ihrem Roman die Kehrseite des Wachstums der chinesischen Wirtschaft nach der Öffnung des Marktes für den Welthandel im Jahr 2001 thematisiert. Den Verlierern des Aufschwungs, den Vergessenen und Alleingelassenen, die sie als "Dritte Hälfte" der heutigen chinesischen Gesellschaft bezeichnet, gibt sie in ihrem Buch eine unüberhörbare Stimme.
Dieses Mal war man gespannt, wie Mirko Schwanitz, der nach eigener Aussage mit wenigen Vorkenntnissen aus Deutschland nach China kommt, Land und Leute wahrnimmt, da sein eigentliches Arbeitsgebiet als Journalist der osteuropäische Raum ist. 
Nun aber drei Wochen lang China, unterstützt durch seine in China lebenden Kinder. Er erkundet das Land per Bahn, Flugzeug, Seilbahn, Bus und Schiff. Riesig die Entfernungen, riesig die Berge und Schluchten, riesig die Wälder und Flüsse, ebenso aber auch die Bauwerke - Hochhäuser, Staudämme, Straßen, Eisenbahntrassen und Brücken, Aufzüge an Berghängen mit einer Höhe von 300 m und und und... China mit einem atemberaubenden Tempo. 
Stationen der Reise waren Peking, die Große Mauer, verschiedene Provinzen in Mittel- und Westchina, die Region um Shanghai, vier Tage Flussfahrt auf dem Jangtsekiang, der Fluss mit der größten Staumauer der Welt, dem Drei-Schluchten-Damm, und gewaltigen Metropolen an seinen Ufern, alles in kürzester Bauzeit entstanden. Ungläubiges Staunen, wenn man an unseren Berliner Flughafen denkt. Doch auch die Schattenseiten sind nicht zu übersehen. Viele Millionen Menschen mussten allein beim Bau des Stausees ihre Wohnungen verlassen, wie wird die Umwelt auf diese Mega-Umwälzung reagieren und wie kann man größere Katastrophen verhindern, die bei einem Bruch des Dammes eintreten könnten? Dimensionen die man sich nicht vorstellen kann. 
Interessant waren auch die Einblicke in die Gesellschaft, die Mirko Schwanitz gab und in Bildern festhielt. Das Handy ist ein unentbehrlicher Begleiter, ob beim Bezahlen im kleinsten Kiosk, beim Verständigen der Taxifahrer mit Ausländern oder für die unterschiedlichen Dialekte, die in China gesprochen werden. Handy für alle Verkehrsverbindungen zu Land, Luft und Wasser.
Wichtigster Grundstein der chinesischen Gesellschaft ist die Vorrangstellung des Familienverbandes. Keine Gesellschaftsordnung hatte bisher vermocht, die über Jahrhunderte verwurzelten Strukturen aufzubrechen, weder Tschang Kai Schek noch Mao Tse-Tong ist es gelungen. Familiensinn steht über dem Gemeinsinn. Mirko Schwanitz erlebte, wie chinesische Familien gemeinsam im Restaurant essen, der älteren Generation wird ganz selbstverständlich die größte Aufmerksamkeit gewidmet. Die Kinder werden zu Zurückhaltung erzogen, Unmut und Ärger darf nicht weiter gegeben werden, das macht stark, aber mitunter für Außenstehende schwierig, eine Situation richtig einzuschätzen. Was auch auffiel, Maos Bild sieht man häufig, man verehrt ihn noch immer, obwohl er Millionen von Chinesen umbringen ließ, weil er China vor einem Zerfall bewahrte.
Viele spektakuläre Filme wie "Avatar" oder "Mission Impossible" wurden in Chinas atemberaubender Landschaft gedreht, die Drehorte sind heute Pilgerstätten für Touristen, Straßen dorthin baut man vorausschauend über hunderte von Kilometern gleich mal sechsspurig. 
Einen besseren Einstand für eine Chinareise kann man sich also kaum wünschen und eine interessantere Sicht auf das heutige China auch nicht.

 

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