Vergessene Bücher - Das Wissen, dass es sie gab, wird irgendwann Legende
Uwe Jordan erinnert an vergessene Bücher über die Stadt Hoyerswerda
Wie einst eine umfangreiche Bibliothek, die sich in der Johanneskirche im 18. Jahrhundert befand und später in alle Winde verstreut wurde, weil kein Hüter da war, so erging es manchen Büchern, die im Laufe der Jahrhunderte über Hoyerswerda geschrieben wurden, sie sind verschollen. Verschollen im Sinne von Uwe Jordan sind es Bücher, die nicht mehr verlegt werden und die auch antiquarisch nicht mehr zu haben sind, weil keiner sie behütet hat. Oftmals schade.
Uwe Jordan gehört zu den Hütern von Literatur, er bewahrt Bücher wie einen Schatz, auch die verschollenen. Für diesen Abend hatte er eine erstaunliche Vielfalt aus seinem Fundus ausgewählt, dem interessierten Publikum vorgestellt und daraus gelesen, Erinnerung und Neugier geweckt.
Aus Salomon Gottlob Frentzels "...Chronike und Beschreibung der Stadt und Herrschaft Hoyerswerda..." von 1744 war zu hören, wie akribisch und mühevoll der Chronist die Urkunden zusammengetragen hat, dieselben in eine richtige Ordnung gebracht und ans "Tagelicht" gegeben. Als da sind die Ursprünge des Namens der Stadt und der Erbauung, die Freiheiten und Statuten, die Eigentumsverhältnisse der Stadt und die vornehmsten Gebäude. Die allzeit sehr gnädig und mildreich tätige Fürstin Ursula Catharina , Herzogin zu Teschen, kam am 10. April 1705 nach Hoyerswerda und wurde am 20. April hier von seiner Königlichen Majestät besucht, von jenem August dem Starken, dem sie für diese "Verbannung" 250.000 Reichsthaler "gelehnet" hatte. "Ihre Durchlauchtigkeit haben 32 Jahre mit großem Ruhm regieret, und sich gegen Dero Unterthanen allzeit sehr gnädig und mildreich erwiesen, daß Dero Gedächtniß allhier so bald nicht verlöschen wird." Weit blickend der Chronist Salomon G. Frentzel!
Aus der so genannten Schuster'schen Chronik erfährt man, dass im Jahr 1842 die Stadt 2153 Einwohner zählte, dass es noch 7 Ureinwohner gab, die übrigen waren Sachsen, Polen, Böhmen oder Brandenburger. Die Stadt hat ihr Auskommen und aufgrund der einfachen und geselligen Lebensweise gibt es wenig Kastengeist und keine größere "Verworfenheit".
Über das Leben in der Stadt um 1900 erfährt der Leser aus den Aufzeichnungen von Else Zschiedrich in dem Buch "Hoyerswerda- Geschichte und Geschichten", 1992 herausgegeben von einem ehrenamtlichen Arbeitskreis. Else Zschiedrich, die Tochter des Mühlenbesitzers Oskar Zschiedrich, erzählt darin "Etwas über mein Ich", eine lebendige Schilderung der Zeit in Hoyerswerda zwischen 1885 und 1900. Der Leser fühlt die Schönheit der wasserreichen Heimat mit, riecht den Duft der Kiefernwälder und Pilze, spürt die Lust am Jung-Sein, erfährt die Besonderheiten von Brauhaus und Mühle, von Schloss und Kirche, von Bleiche und Schützenhaus und erlebt den Hoyerswerdaer Wochenmarkt. Dieses Buch ist nicht ganz verschollen, es ist in der Stadtinformation erhältlich, ein Nachdruck allerdings ist nicht wahrscheinlich.
Aus Büchern, die während des Aufbaus des Kombiates Schwarze Pumpe und der Neustadt von Hoyerswerda geschrieben wurden, sind einige verschollen, um die es schade ist, andere wiederum, die mit Pathos und Parolen gespickt sind, sind es sicher zu recht. Zu der ersten Kategorie gehört ein Buch von Werner Schmoll "Kiefern und Kühltürme", in dem von den Abenteuern eines jungen Mannes zwischen Spremberg und Hoyerswerda zu hören ist. In einer wohlklingenden Sprache erzählt der Protagonist Kaspar David von seiner Sicht auf die Notwendigkeit von Tagebau und Energiegewinnung und von den damit verbundenen Nachteilen der Zerstörung von Landschaft, von Entbehrungen bei schwerer Arbeit, von Fremdsein und Freundschaften und von Freude am Geschaffenen.
Rudolf Meyer ist der Autor eines Büchleins "Die Brautkutsche von Einbeck", hier wird in der Erzählung "Mondschein auf Hoyerswerda" in schönster Sprache bei einem nächtlicher Gang durch Hoyerswerdas Altstadt und Neustadt die Zeit des Aufbaus in ihren Widersprüchen beschrieben. Ein Buch, das nicht vergessen werden sollte.
Weniger geachtet von Uwe Jordan und wie zu hören, auch von Brigitte Reimann, ist ein Autor namens Heinrich Ernst Siegrist, der in seinem Roman "Stürmische Jahre" eher ein Parteistatement erstellt, denn Literatur.
Stichwort Brigitte Reimann. Sie und Siegfried Pitschmann waren Anfang der 60er Jahre von Siegrist persönlich übel angegriffen und verleumdet worden. Die Bücher von Brigitte Reimann indes haben Welt weit Anerkennung gefunden und dank des Engagements von Martin und Helene Schmidt und Angela Potowski kommen noch immer Besucher aus Nah und Fern zu den Reimann-Spaziergängen nach Hoyerswerda und erfahren in der leidenschaftlichen Sprache von Brigitte Reimann von euphorischen und deprimierenden Zeiten des Aufbaus einer neuen Stadt mitten in der Lausitzer Heidelandschaft.
Dank an Uwe Jordan, der diesen spannenden Exkurs durch die Bücherwelt Hoyerswerdas unternommen hat.