Gemeinsamkeiten und Hass - eine Nachbarschaft in Mitteleuropa
Erich Busse, Dresden, erläutert sein Bild auf die Geschichte einer Nachbarschaft zwischen Polen und Deutschland, über einen Zeitraum von 1000 Jahren.
Die Grenzen zwischen Polen und Deutschland haben sich im Laufe der letzten 1000 Jahre immer wieder verändert, ebenso häufig mischten sich die Völker und die Kulturen.
Erich Busse engagiert sich seit vielen Jahren aus christlicher Überzeugung für Versöhnung und Verständigung zwischen dem polnischen und dem deutschen Volk, unabhängig von Konfession oder Weltanschauung. Im Jahr 2005 wurde er deshalb in Warschau mit dem St.-Albert-Preis geehrt.
Die wichtigste Grundlage für Verständigung ist das gegenseitige Wollen und das Wissen über Sprache und Geschichte des Nachbarn. Erich Busse lernte deshalb die polnische Sprache und studierte die wechselvolle Geschichte Polens, der Inhalt seines heutigen Vortrages beim Hoyerswerdaer Kunstverein.
Polen als Staat wird immer wieder zum Zankapfel zwischen den Großmächten Europas. Das polnische Volk muss ununterbrochen seine Selbständigkeit verteidigen und bemüht sich um Anerkennung seines Staates als Staat inmitten Europas.
Die Anfänge für Polen liegen bei einem slawischen Fürsten, der sich 966 taufen lässt und Herzog der Polen wird, Mieszko I. Unter seiner Herrschaft bildet sich ein selbständiges Staatsgebilde heraus.
Im Laufe der nächsten Jahrhunderte ist Polen begehrtes Objekt für die Mongolen, die Ritter der Habsburger, für den Deutschen Orden, für Ungarn und die Pruzzen.
Ursprünglich vom polnischen Herzog zu Hilfe gegen die heidnischen Pruzzen gerufen, ergreift der Großmeister des Deutschen Ordens, Hermann von Salza, eine clevere Initiative und gründet 1226 im Land der Pruzzen einen eigenen Ordensstatt, rechtlich abgesichert durch Kaiser und Papst, zum Schaden derer, die ihn riefen, die polnischen Fürsten.
In diesem Ordensstaat werden bis ins 14. Jahrhundert mächtige Städte errichtet, die der Hanse angehören, deren Zeugnisse bis heute sichtbar sind, so auch das heutige Weltkulturerbe, die prächtige Marienburg in der Nähe von Danzig. Die Marienburg wird im Laufe der weiteren Jahrhunderte ein sichtbares Zeichen für alle Bedrängnis, die Polen widerfährt.
Unter Königin Hedwig von Polen entsteht durch ihre Heirat mit Wladyslaw II. Jagiello eine Allianz mit dem Großfürstentum Litauen, die heidnischen Litauer werden getauft. Eine neue Großmacht entsteht, das Königreich Polen-Litauen. Der Deutsche Orden sieht seine Vormachstellung bedroht. Die Machtkämpfe enden 1410 mit dem Sieg des Königsreichs Polen-Litauen in der Schlacht von Grunwald. Jetzt wenden sich auch die Hanse-Städte gegen den Deutschen Orden und schwächen dessen Macht.
Die Marienburg wird nach längeren Querelen zeitweise Sitz der polnischen Könige. Es ist noch zu erwähnen, dass Kurfürst August der Starke 1697 und sein Sohn August II. 1734 sich in Warschau als König von Polen-Litauen krönen lassen, der Titel war ihnen wichtig, für das Land haben sie wenig bewirkt.
Nach 1772, nach der 1. Teilung Polens, es folgen noch zwei weitere, gehört die Marienburg zum Königreich Preußen. Die Burg erlebt die preußischen Könige, das preußische Militärwesen, wird Stützpunkt im ersten und Festung im zweiten Weltkrieg, eine Festung, die bis zuletzt gehalten werden soll. Folgerichtig wird sie Austragungsort der Kämpfe zwischen der deutschen und der sowjetischen Armee. Ungezählte Tote und eine zerstörte Burg bleiben zurück.
Heute ist die Marienburg zu einem Symbol der europäischen Partnerschaft geworden. Eine Reise dorthin empfiehlt Erich Busse wärmstens. Seinen Vortrag beschließt er mit dem Hinweis auf berühmte Wissenschaftler, Literaten, Politiker und Geistliche, die die polnische Geschichte prägten. Besonders wichtig ist ihm die Geste des deutschen Bundeskanzlers Willy Brandt, der 1970 am Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos niederkniete und das polnische Volk um Vergebung bat für die Gräueltaten im zweiten Weltkrieg.
Die Zuhörer konnten Erich Busse bereits bei unzähligen interessanten Vorträgen erleben und auch bei Exkursionen nach Dresden und Wittenberg. Sie freuen sich auf weitere Begegnungen.