Hoyerswerdaer Kunstverein, am 24.10.2017
Carl Spitzweg - ein Maler der Idylle?
Prof. Dr. Andreas Wien, Senftenberg, lädt zu einer Bildbetrachtung der Werke von Carl-Spitzweg (1808-1885) ein
Durch den Vortrag von Professor Dr. jur. Andreas Wien ist deutlich geworden, wie vielfältig die Bilder von Carl Spitzweg betrachtet werden können. Beim ersten Hinsehen erscheinen sie sehr biedermeierlich und idyllisch mit ihren wohl temperierten Farben und mit der weichen Führung von Licht und Schatten, beim zweiten Blick eröffnet sich eine Welt von vornehmer Satire und verstecktem Humor. Auf fast allen Bildern sind Männer die Hauptakteure, die sehr einsam und vergessen wirken, aber immer mit einer Botschaft, die nicht nur schmunzeln lässt.
Prof. Wien weist außerdem darauf hin, dass bei genauem Hinsehen in jedem Bild eine Unzahl von Utensilien zu finden ist, unterbracht in ohnehin schon kleinformatigen Bildern. Für ihn sind die Bilder Spitzwegs das, was die Malkunst ausmacht: Man kann jedes Bild lange sehr betrachten und findet immer neue liebenswerte Details und neue interessante Inhalte.
Gemalt hat Carl Spitzweg etwa 1500 Bilder, wovon er zu Lebzeiten nur 400 verkaufen konnte. Finanzielle Sorgen hatte er nicht. Er kam aus einer reichen Kaufmannsfamilie, sollte nach dem Willen des Vaters Apotheker werden, was er zuerst auch lernte, aber dann doch als Autodidakt die Malerei zum Lebenszweck machte. Nebenbei schrieb er auch Gedichte, doch heute wird er vorrangig über seine Bilder wahrgenommen. Selbst seine Grafiken für die Münchner "Fliegenden Blätter" sind kaum noch bekannt.
Bilder wie: Der Kakteenfreund, Der Bücherwurm, Der arme Poet, zeigen alle etwas schrullige Männer in Räumen, die wahrscheinlich von keinen weiteren Menschen außer ihnen selbst genutzt werden, in denen die Einsamkeit förmlich zu spüren ist, Männer, die sich in ihrem Leben auf spießige Weise als Hagestolz eingerichtet haben, die nichts Neues mehr vom Leben erwarten.
Viele weitere Bilder strahlen die Idylle einer Kleinstadt aus, mit eng aneinander stehenden Häusern und jungen Männern, die Mädchen in einem nahe liegenden Fenster anschwärmen, hier entzücken besonders viele schöne Accessoires den Betrachter, Vogelkäfige, Blumenkästen, Ornamente, Türschilder, verzierte Laternen und vieles andere.
Eine ganze Serie von Bildern mit provokatorischer Aussage widmet sich der Sinnlosigkeit des Soldatenlebens, ein Soldat, der neben seiner mit Spinnweben behangenen Kanone strickt, einer, der herzhaft gähnt, einer, der einem selbstgefälligen Dickwanst salutiert und viele weitere skurrile Ideen erzählt Spitzweg in seinen Bildern. Aber nicht nur das, er kann auch gewaltige Landschaften in Szene setzen. Immer dann, wenn sich in seiner Umgebung eine Epidemie, wie die Cholera, ankündigt, reist er in die Berge, dort malt er in idyllischer Umgebung die schrulligsten Typen, den Schmetterlingsfänger, der mit seinem viel zu kleinen Kescher beim Anblick der wunderschönen blauen Schmetterlinge das Fangen vergisst. Oder den Sonntagsjäger, der wahrscheinlich einem prächtigen Hirsch gegenüber steht und vor Ehrfurcht das Gewehr nur noch lose in Händen hält, im Gras sein Frühstück , eine Flasche Wein und natürlich der Regenschirm, den ein ängstlicher Mensch immer bei sich hat. Sicher auch ein gerüttelt Maß an Selbstironie.
Trotz aller Querelen mit den studierten Künstlern der Akademie der Künste in München wird er 1868 Ehrenmitglied in dieser würdigen "Altherrenriege".
Carl Spitzweg stirbt 1885 im Alter von 77 Jahren in München. Lange Zeit waren seine Bilder aus dem Fokus der Öffentlichkeit verschwunden, erst nach dem zweiten Weltkrieg erfreuten sie sich einer größeren Popularität, die bis heute anhält. Dank an Professor Wien, dass er wieder einmal an diesen liebenswerten Maler erinnert hat.