Ein Wochenende voller Überraschungen
in der Reimann-Begegnungsstätte und bei einem Konzert mit neuer Musik auf alten Instrumenten.
War das Wetter am Wochenende auch heiß, bot die Brigitte Reimann-Begegnungsstätte Abwechslung, Anregung und Kurzweil. In der Begegnungsstätte, die sowohl von Teilnehmern des vom Jugendstadtrat ausgerufenen „Tags der Vereine“ am Sonnabend, als auch von Wanderern des Kunstlandstrichs der KUFA am Sonntag aufgesucht wurde, gab es Raum für anregende Gespräche. Standen bei den einen das Archiv und seine Schätze im Mittelpunkt, die fesselten bis es hieß, ich muss wiederkommen zu intensivem „Graben“: waren es anderntags Erinnerungen und erlebte Geschichte. Zeitweilig hatten sich drei Generationen eingefunden: Großeltern, Eltern und Enkel. Jeder von ihnen fand seine Anregung, ließ seine Zeit in Erinnerungen aufleben oder freute sich am Wiederentdecken einst gelesener Bücher.
Der Brigitte Reimann-Spaziergang durch Hoyerswerda Stadt ließ die Baugeschichte der Stadt und die von deren Erbauer erinnern. Da war kein Ende zu finden. Scheinen manchen Besuchern die Wände der Stadt alle gleich, sind die Schicksale, die mit ihnen verbunden sind vielfältig und führen weit um den Erdball. Da liegen Kummer und Entdeckerfreude, Begegnen und Abschied, Finden und Verlieren, Jubel und Trauer nah beieinander. Dabei standen auch Leben und Werk der Schriftstellerin Brigitte Reimann im Mittelpunkt, ja sie erzählt auch von jenen fernen Welten, auch wenn sie es anderen Personen in den Mund legt. Sie lenkt damit und mit ihren Büchern bis heute den Blick auf Hoyerswerda, auf dessen Geschichte und seine Neustadt. Ist sie doch nicht nur die erste in industriellem Platten-Baustil errichtete Stadt der Welt, sondern heute auch als eine grüne Stadt mit lauschigen Ecken, mit weiten grün-bunten Flächen einer Parkstadt ähnlich, in der sich die Fassaden der Häuser hinter hohen Bäumen mit weit gespannten Kronen verbergen. Nur wenige Bürger erinnern sich noch an die kahlen sandigen Flächen über die die Schriftstellerin gehen musste, wollte sie einkaufen oder in den neuen Schulen aus ihren Büchern lesen und sich mit den Schülern unterhalten. Die Begegnungsstätte mit ihrem Namen, deren Räume ihrer ehemaligen Wohnung im Nebenhaus entsprechen, lässt die Besucher entweder erstaunen oder auch ihre Jahre als junge Leute oder Kinder wieder erkennen.
In diesen Räumen entstanden also jene Bücher, die seither über das Miteinander von Menschen aus verschiedensten Ländern über Erfahrungen, fremden Sitten und vor allem mit unbekannten Sprachen nachdenken lassen. War jene „Neustadt“, in die „Franziska Linkerhand“ im Roman Brigitte Reimanns kommt, nicht ein solches Modell, in dem all jene Dinge nicht nur bekannt, sondern auch gestaltet wurden? So fragten sich Besucher und Betreuer nicht nur an diesem Wochenende, sondern fast bei jedem Besuch oder auch bei den Spaziergängen durch Hoyerswerda auf den Spuren Brigitte Reimanns. Oft schien es, sie wäre anwesend. Was würde sie heute sagen, konnte man hören. Schüler des Lessing-Gymnasiums gestalteten kürzlich nach dem Hören der Erlebnisse ein Schauspiel, wie das Jugend-Klubhaus im WK I vor einem halben Jahrhundert zustande kam. Ein höchst spannendes Theaterstück entstand und wurde in der KUFA inszeniert, d.h. „uraufgeführt“. Alle Zuschauer waren begeistert. Gewiss bergen die Mauern der Neustadt noch viel mehr spannende Geschichten-
Am Nachmittag war zu einem Konzert ins Schloss eingeladen. Der Sächsische Musikbund e.V. Leipzig und der Hoyerswerdaer Kunstverein e.V. gestalteten –wie seit mehreren Jahren gemeinsam – ein Konzert mit neuen Kompositionen sächsischer Tonschöpfer. Diesmal boten zwei bezaubernd junge Schwestern – 17 und 22 Jahre alt – neueste Werke von fünf Komponisten dieses Bundeslandes. Dieses Konzert vom Gambenduo O’Caix mit Alma-Elisabeth und Marie-Alica Stoye aus Dresden – mehrfach Sieger beim Bundeswettbewerb „Jugend musiziert“, boten zwei Uraufführungen von Günter Schwarze, Rainer Lischka und zudem Kompositionen von Rolf Thomas Lorenz, Sarah Nemtsov und Christian FP Kram, eigens für dieses Gamben-Duo aus Dresden geschaffene Werke. Sie schlugen ihre Zuhörer, die den Schlossaal erfreulich gut füllten, völlig in ihren Bann, sie zauberten geradezu auf verschiedenen Gamben von Minigröße bis zu den großen Bassgamben. Melodien und Klänge moderner Komponisten nahmen die Zuhörer gefangen, die sich mit reichlich Beifall bedankten, den beiden jungen Frauen nach diesem erfreulich ausgedehnten Konzert eine Zugabe entlockten, die dem Konzert einen begeistert aufgenommenen Abschluss schenkte. Die Künstlerinnen zeigten sich ebenso begeistert wie der Komponist Christian FP Kram und der Tontechniker des Sächsischen Rundfunks von dem Saal des Schlosses als Konzertraum. So endete dieses Wochenende nicht nur mit guten Klängen, sondern auch im gegenseitigen Verständnis für musikalische Vorträge, die so schnell nicht wieder zu hören sein werden, da die beiden jungen Damen von bedeutenden Orten der Musikgeschichte gerufen werden. Dass dieses Konzert mit seinem vielseitigen, einfallsreichen, wirklich bezaubernden Klängen hier stattfand, gehört zu den großen Augenblicken, die in jedem Leben selten und daher besonders kostbar sind.