Stadt Gespräch

Prof. Taverne und Cor Wagenaar

Gnadenlos abkassiert wurde Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig am Donnerstagabend im Schloss seiner Stadt. Dort besuchte er eine Veranstaltung des Kunstvereins zu Tendenzen der Stadt-Entwicklung. Der Eintritt kostete drei Euro. Und der OB staunte nicht schlecht, als auch er vom Schatzmeister des Vereins zur Kasse gebeten wurde: Er sei doch ein Besucher wie jeder andere! Na klar, das hat Brähmig sofort eingesehen. Obwohl er ja eigentlich auch da war, um dem holländischen Professor ein Buch zu übergeben. Brähmig zahlte auch gleich den Eintritt für seinen Pressesprecher Sandro Fiebig mit. Von Fiebig gab es noch eine Spende. Einen solchen Schatzmeister wünscht sich wohl jeder Verein. Es gehört ja auch ordentlich Courage dazu, seinen Stadtchef abzukassieren.

Hoyerswerda kann ein Beispiel sein für ganz Europa.Der Abriss von Plattenbauten eröffnet neue Chancen, sagen Experten aus Holland. Auch Ideen von Einwohnern sind gefragt.

Das Kraftwerk Schwarze Pumpe raucht. Ein Neubaublock nach dem anderen wächst in die Höhe. Hoyerswerda ist die kinderreichste Stadt der DDR - Fakten und Bilder der 1960er Jahre, die am Mittwochabend in Hoyerswerda zum Thema "Stadtentwicklung" präsentiert werden. "Man kann nicht über die Zukunft einer Stadt nachdenken, ohne ihre Geschichte zu berücksichtigen", sagt Architekturhistoriker Ed Taverne, Professor an der Universität Groningen, bei der Veranstaltung des Kunstvereins.
Von einigen Blöcken schwärmt er sogar. Die ersten in Hoyerswerda stehen unter Denkmalschutz. Es gibt andere, die schnell und "ohne Liebe" gebaut wurden. Da zeigt Taverne ein Bild von Berlin-Marzahn.
Dann wieder Hoyerswerda: ein verlassener Block mit kaputten Scheiben und Graffities. Eine holländische Zeitung druckte es vor zwei Jahren. Taverne hat sich ein eigenes Bild gemacht. Als "Stadt ohne Zäune" pries er das Neubaugebiet in einem Beitrag in den Hoyerswerdaer Geschichtsheften.
Vorbild ist Brigitte Reimann
Nach Hoyerswerda kam er über den Kunstverein. Der Vorsitzende Martin Schmidt und er hatten sich bei einer Tagung in Neubrandenburg getroffen. Dort ging es um Brigitte Reimann (1933 bis 1973). Die Schriftstellerin hat von 1960 bis 1968 in Hoyerswerda gelebt. Taverne war Anfang 2003 das erste Mal in der Stadt und sagt jetzt: "Ich fühle mich hier Zuhause". Auch deswegen will er im Frühjahr wieder kommen, dann mit Studenten aus Holland. Hinzu kommen künftige Architekten aus Polen, Cottbus und Dresden. Sie begeben sich auf die Spuren der Reimann. Die Schriftstellerin habe Stadtentwicklung mit Freunden und Leuten aus ihrem Haus diskutiert. Auch das sollen die Studenten versuchen: "Ideen auf der Straße finden", so Taverne.
Kunst für Amsterdam gesucht
Schrumpfende Städte werden oft mit negativen Bildern und Schlagzeilen bedacht. Taverne sieht das anders: "Man reißt etwas ab, aber man macht auch etwas Neues." Cor Wagenaar, Dozent an der Universität Rotterdam, sagt: "Hoyerswerda kann sehr gut ein Beispiel sein für die Zukunft für ganz Europa". In den vergangenen 150 Jahren sei mit Bevölkerungswachstum auch Wirtschaftswachstum verbunden gewesen. Nun sei zumindest das Wachstum der Bevölkerung am Ende. Neue Wege müssten gefunden werden. Da könne der Workshop mit den Studenten im Frühjahr helfen. Sie würden studieren, dokumentieren, interpretieren, Entwürfe machen. Der Dozent aus Holland kündigte auch Autoritäten auf dem Gebiet der Stadterneuerung an. Der Workshop sei die Basis für ein Projekt, dass Jahre dauern könne. Das Thema laut Wagenaar: "Lernen von Hoyerswerda". Hier könne sich zeigen, wie man neue Konzepte für die Zukunft schafft.

Die Holländer wollen auch ein Stück Hoyerswerda in ihr Land holen - die Reimann-Ausstellung des Kunstvereins. Weitere Themen, die Amsterdam und die Lausitz verbinden, werden gesucht, vielleicht Kunstprojekte zu Veränderungen in der Landschaft. Ideen nimmt der Kunstverein gern entgegen.
Kunstverein über 03571/41 20 16.
www.kunstverein-hoyerswerda.de

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