Heinrich Heine - der besten deutschen Dichter einer
Angelika Leonhardi entwirft ein eindrucksvolles Lebensbild von Heinrich Heine (1797-1856), Prof. Schmidt begleitet am Flügel.
"Wenn ich an deinem Haus des Morgens vorüber geh... siehst du mich forschend an: Wer bist du... fremder, kranker Mann?
Ich bin ein deutscher Dichter, bekannt im deutschen Land. Nennt man die besten Namen, so wird auch der meine genannt"...
Mit diesem Gedicht von Heinrich Heine beginnt Angelika Leonhardi eine Matinee beim Hoyerswerdaer Kunstverein. Sie vermittelt ein sehr berührendes und gleichzeitig sehr realistisches Bild des Dichters Heine, wie es selten in dieser Form zu hören ist. Denn Angelika Leonhardi kann im besten Sinn des Wortes, Gedichte und Bücher lesen und erfühlen.
Wer ihr zuhört, glaubt, es sei Heinrich Heine selbst, der sein Leben hier vorstellt.
Das Gefühl von Höhe und Tiefe in diesem von Häme, Zensur und Krankheit, aber auch von Erfolg geprägten Leben wird spürbar, sein unerschöpflicher Brunnen von Sprache und Dichtung, seine Verehrung für Napoleon, seine Liebe zur Mutter, zu Deutschland und zu Mathilde, sein sensibles Empfinden an allem, was in der Gesellschaft und im engsten Lebenskreis von Menschen geschieht. Die Unvollkommenheit alles Seins hält er nur aus, weil er schreibt, aufschreibt in der ihm eigenen Art von Ergriffenheit, Wut und Mitgefühl mit satirisch anschaulichen Wortwendungen, auch noch am Ende seines Lebens in der "Matratzengruft", in Paris. Zwischen Paris, seinem Exil und Düsseldorf, seinem Geburtsort, zwischen Frankreich und Deutschland in den Nachwirren der französischen Revolution gestaltet sich sein Leben und Dichten.
Schon in jungen Jahren verfasst er Gedichte und beginnt, Memoiren zu schreiben, alles ,was er erlebt, was ihn ergreift und wovon er träumt. "Die Hülle fällt ab von der Seele, und du kannst sie betrachten in ihrer schönen Nacktheit. Da sind keine Flecken, nur Wunden. Ach! und nur Wunden, welche die Hand der Freunde, nicht die der Feinde geschlagen hat!
Lege dein schönes Haupt auf meine Knie und horche, ohne aufzublicken.
Ich will dir das Märchen meines Lebens erzählen. Wenn manchmal dicke Tropfen auf dein Lockenhaupt fallen, so bleibe dennoch ruhig... Weine nicht und drücke mir nur schweigend die Hand." Diese Zitat wählt Angelika Leiónhardi als kurz gefassten Lebenslauf und fügt diesem Stück um Stück die Liebeslieder und Prosatexte hinzu, bekannte und weniger bekannte, schildert seine Beziehungen zu Mädchen, betrachtet die Liebe zu seiner Frau Mathilde und zu Elke Krinitz, der "Mouche", der Verehrerin in seinen letzten Lebensmonaten. Mathilde wusste ihn als Dichter nicht zu begreifen, aber gerade darum schätzte er sie, weil sie ihn nicht als berühmten Mann liebte, sondern um seiner selbst willen.
Seiner Verehrung für Napoleon und seinem Verhältnis zur Religion, seiner Sehnsucht nach Deutschland und der Mutter, seiner Ablehnung aller deutschen Machtspielchen gab er in heiter-sarkastischen Worten Ausdruck und musste darum ins Exil gehen. "Welch Ironie des Geschicks, dass ich dazu bestimmt war, meine armen Mit-Deutschen aus ihrer Ruhe zu reißen... und den deutschen Michel an der Nase zu zupfen".
All diese Nuancen verbindet Angelika Leonhardi geschickt mit Musikalischem. Die Melodien der berühmten Gedichte "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten", "Ein Jüngling liebt ein Mädchen", "Leise zieht durch mein Gemüt", vertont von Friedrich Silcher, Robert Schumann oder Felix Mendelssohn-Bartholdy, fügt Professor Stefan Schmidt sparsam den Heine-Texten hinzu und schafft mit seinem Spiel am Klavier eine verbindende Linie zwischen Musik und Lyrik, so dass Reime zu Klängen werden und umgekehrt, die Klänge zu Reimen.
Die Neugier, die Liebeslieder, die "Harzreise" oder "Deutschland - ein Wintermärchen", eigentlich den ganzen Heine, wieder neu zu lesen, wurde durch Angelika Leonhardi bei den Zuhörern mehr als geweckt. Alles in allem eine gelungenes Heine-Bild und eine gelungene Matinee.