Ein heiter-sarkastischer Blick auf die Weltpolitik
Uwe Jordan bringt den Roman "Der Krieg mit den Molchen" des tschechischen Schriftstellers Karel Ĉapek ( 1890-1938) beim Hoyerswerdaer Kunstverein zu Gehör.
Man muss schon zweimal hinschauen, um das Entstehungsjahr des Romans zu registrieren. Es ist das Jahr 1935, aber alle Konstellationen der Fabel zeigen eher einen frappierenden Rückblick aus heutiger Sicht, in Karel Ĉapeks Roman "Der Krieg mit den Molchen". Recht beschaulich ist der Beginn der Handlung auf einem Schiff unter dem niederländischen Kapitän Jan van Toch, der in der Südsee seltene Waren einkauft: Kopra, Perlen und Palmöl. Erst, als sich die einheimischen Perlenfischer weigern, weiter nach Perlen zu tauchen, weil tief unten viele schwarze Teufel, nicht etwa Seeteufel, sondern echte Teufel warten, beginnt die Geschichte mit den Molchen. Kapitän van Toch findet heraus, dass es sich um schwarze Riesenmolche handelt, ausgestattet mit einer immerhin mäßigen Intelligenz. Diese sind hervorragende Taucher und man bringt ihnen bei, mit Messern Perlmuscheln zu öffnen, was sie mit ihren von Natur aus weichen Händen nicht können, obwohl Muscheln zu ihrer Lieblingsspeise zählen. Das Geschäft ist eine Win-win-Situation, die Molche bekommen die Muscheln, der Mensch bekommt die Perlen. Van Toch entwickelt eine neue Geschäftsidee mit Hilfe des Großindustriellen Bondy, dieser hilft "mit dem jovialen Übergewicht des gebildeten Mannes in der rechtschaffenen Fülle seiner 200 Pfund" beim Finanzieren des Projektes, die Riesenmolche auch außerhalb der Südsee heimisch zu machen und den Gewinn damit enorm zu erhöhen.
Allerdings gibt es einen Nachteil, die Molche benötigen flaches Wasser in Küstennähe. Auf allen Kontinenten wird nun daran gearbeitet, neue Küsten zu schaffen, die Landmassen schrumpfen und schrumpfen. Eine Küste zieht sich sogar von der Ostsee bis nach Prag hin. Spätestens jetzt macht man die grausige Entdeckung, nicht die Molche werden geschildert, es ist der Mensch in seiner Gier und seiner Sorglosigkeit im Umgang mit der Natur. Forscher und Wissenschaftler werden tätig, Unternehmen für Befestigungsanlagen unter Wasser und die Militärs, alle wollen an den Molchen verdienen. England und Frankreich stehen sich im Ärmelkanal mit einer Unterwasserarmee von Molchen und Salamandern gegenüber. Allein die diplomatischen Bulletins, die nun Ĉapek in dem Roman von der einen auf die andere Seite schickt, sind an geistreichem Witz kaum zu überbieten. Als dann noch Edelmolch, Übermolch und Nordmolch ins Spiel kommen, diese Molche "höheren Typus", wird das Geschehen vollends unheimlich, fast beängstigend faschistisch real.
Denn kaum einer denkt daran, dass die Molche eines Tages die Ausbeutung satt haben und selbst regieren wollen. "Alle wolltet Ihr Molche haben, nun sind sie nicht mehr aufzuhalten." So kommt, was kommen muss, die Molche werden zur Bedrohung für den Menschen, es folgt Krieg des Menschen gegen die Molche, Krieg der Molche untereinander und Krieg von Mensch gegen Mensch. Was tun? Eine Weltkonferenz soll das Problem lösen, nun wähnt man sich vollends im Heute, jede Seite beteuert ihren Friedenswillen, Schuldfragen werden wie Bälle hin und her jongliert. Karel Ĉapek brilliert mit Ironie, Sarkasmus und üblichen dipolomatischen Phrasen. Man kommt zu keiner Einigung. Soll nun die Natur das regeln, was der Mensch eingebrockt hat?
Uwe Jordan gibt mit seiner fabelhaften Art des Lesens dem Roman die nötige Kontur und bewirkt bei den Zuhörern ein ganz eigenes Nachdenken über Gedankenlosigkeit und Verantwortung hier und heute. Seit vielen Jahren stellt Uwe Jordan beim Hoyerswerdaer Kunstverein fast vergessene Weltliteratur vor. Zum Erstaunen der Zuhörer stets eindrucksvolle Meisterwerke, die des Lesens wert sind.