Ein Loblied auf die einfache Welt- in Lyrik und Musik

Matinee mit Heidemarie Wiesner (Klavier) und Detlef Seydel (Sprecher), Textauswahl Helene Schmidt

Heidemarie Wiesner und Detlef Seydel 2016 in HoyerswerdaVon einer besonders hörenswerten und charmanten Seite zeigte sich eine Matinee des Hoyerswerdaer Kunstvereins am Sonntag im Schloss Hoyerswerda. Musikstücke von vorwiegend französischen Komponisten des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert waren zu hören. Sie wurden eingebettet in die Poesie der Zeit, die Dichter führten eine Art Zwiegespräch mit der Musik, denn die Texte von Paul Verlaine, Jean Malrieu, Gérald Neveu, Maurice Regnaut und Jacques Réda wirkten allesamt so melodisch als wären sie selbst Musik. Mit viel Gespür hatte Helene Schmidt die Lyrik für das Konzert von Heidemarie Wiesner ausgewählt.
Am Ende des 19. Jahrhunderts, zwischen Impressionismus, Jugendstil und Moderne ist auf allen künstlerischen Ebenen ein Aufbruch zu spüren. Nicht nur die Formen ändern sich, sondern auch die Inhalte. Wie bei den Malern des Impressionismus wird bei den Komponisten nunmehr der Augenblick, das alltägliche Leben in den Mittelpunkt gerückt, der Regen, der Kuckucksruf, Meer und Wasser in allen Variationen, Tag und Nacht, Wolken und Wind.
Maurice Ravel fügt einem "Antiken Menuett" kontrastreiche Höhepunkte hinzu, die sich mit kleinen impressionistischen Nebensächlichkeiten abwechseln. Man merkt dem Spiel von Heidemarie Wiesner am Piano an, dass sie diese Art von Musik besonders liebt. Das ist ebenso zuhören in einem Stück von Zoltán Kodály mit dem Titel "Es regnet in meinem Herzen wie es über der Stadt regnet". Einfühlsam und behutsam gespielt assoziiert sie mit ihrer Interpretation eine beinahe euphorische Regenstimmung.
Ähnliches gelingt ihr bei "Gnossiennes" von Erik Satie. Der Zuhörer wird verzaubert von diesem langsamen Stück, das mit wenigen Tönen auskommt, betörend innehält und dann viel zu schnell vorüber ist.
7 kurze Stücke von Arthur Honegger, "7 Piéces Bréves", wussten Heidemarie Wiesner und Detlef Seydel genial zu verbinden mit einem Text von Paul Verlaine: "Der Himmel überm Dache liegt/ In Schein und Schweigen/ Ein Baum sich überm Dache wiegt/ In seinen Zweigen." Und so wie der Himmel gemächlich liegt und der Baum sich dazu wiegt, schwebt und schwingt die Musik, was ist hier Musik, was Sprache?
Mit Verlaines Dichtkunst wird ein weiterer Komponist verbunden, Claude Debussy. In der Arabeske Nr. sind Dichtkunst und Musik zu Verzierungen verwoben, die einem Exzess gleichkommen, zwischen Erhabenheit und Abgrund, zwischen Euphorie und Lethargie, ähnlich den bekannten Nocturnes von Frederic Chopin, von denen op. 15, Nr.1 zu Gehör gebracht wird. Klavierstücke, die immer wieder begeistern.
Mit einem sehr modernen "Prélude" von Debussy setzte Heidemarie Wiesner einen brillanten Schlusspunkt, in dem die Töne aufleuchten und verlöschen wie in einem Feuerwerk, anspruchsvoll in der Spieltechnik und im Nachempfinden von Musik. Mit ihrem sensiblen musikalischen Instinkt schafft sie so ein vollkommenes Hörerlebnis.