„Dietrich Bonhoeffer war einer der bedeutendsten Theologen des vorigen Jahrhunderts“
So begann Erich Busse, evangelischer Pfarrer i. R in Dresden, seinen Vortrag am Donnerstag im Hoyerswerdaer Kunstverein und stimmte darin mit Pfarrer i.R. Dr. Siegfried Foelz überein, der aus Sicht eines katholischen Theologen vor zehn Jahren Denken und Wirken des Mannes vorgestellt hatte, den die Nationalsozialisten auf Hitlers Befehl am 9. April 1945 ermorden.
Dietrich hatte sehr früh die verbrecherische Politik der Nationalsozialisten durchschaut und dagegen Stellung bezogen. Unmittelbar nach der Wahl Hitlers zum Reichskanzler hatte Dietrich Bonhoeffer in der Nacht in einer Rundfunkansprache den Judenhass der neuen Herrscher angeprangert, gefordert Andersdenkende , anderer Religionen und Denkweisen zu akzeptieren. Er wandte sich gegen Krieg und Gewalt, Frieden sei nicht gegen andere, sondern nur mit anderen zu verwirklichen. Er lehnte jeden Krieg ab, da er der Schöpfungsordnung widerspräche. Jeder habe die Pflicht zum Widerstand gegen einen Staat, der Krieg verfolge. Die Rede wurde noch während der Sendung abgebrochen, sie sprach zu deutlich gegen das Nazi-Regime, als dessen Gegner Bonhoeffer fortan verfolgt wurde. Obwohl er mehrere Angebote erhielt, nach England oder in die USA zu gehen, blieb er in Deutschland bzw. kam kurz vor Kriegsbeginn zurück. Ein Kerngedanke Bonhoeffers war, dass die Kirche von einer herrschenden, wie sie es bis dahin war, sich zu einer dienenden wandeln müsse. Diese These stieß sowohl in Kreisen von Pfarrern als auch bei der Organisation der evangelischen Kirchen auf heftigen Widerstand. Erich Busse folgte in seinem Vortrag der Wirkung Bonhoeffers nach dem Ende des Krieges, als die Schriften erschienen, die in der Gefängniszeit entstanden waren, vor allem der Band „Widerstand und Ergebung“ mit Briefen und Aufsätzen aus den Gefängnissen, die Eberhard Bethge, ein enger Freund Bonhoeffers, herausgab. In einer Zeitfolge von 1947 bis übers Jahr 2000 hinaus, zeigte Erich Busse, wie zögernd gegen zahlreiche Widerstände und immer neue, heute unverständliche Vorurteile die Hinrichtung Bonhoeffers und einige seiner Partner als Unrecht anerkannt wurde. Im Jahr 1956 war ein Antrag auf Rehabilitation von einem Gericht abgelehnt worden und erst im Jahre 1998 hob das Landgericht Berlin das Nazi-Todesurteil gegen Dietrich Bonhoeffer auf und rehabilitierte ihn.
Es gehört zweifellos zu den Schandflecken der deutschen Nachkriegsgeschichte,. Dass Menschen, die ihr Leben opferten, bzw. das ihnen geraubt wurde, keine Achtung entgegen gebracht wurde. Es liegt nahe, den Theologen selbst zu zitieren, der im Jahr 1942 schrieb: „Dummheit ist ein gefährlicherer Feind des Guten als Bosheit. Gegen das Böse lässt sich protestieren, es lässt sich bloßstellen, es lässt sich notfalls mit Gewalt verhindern,… Gegen die Dummheit sind wir wehrlos.“ In den 50 Jahren dazwischen hatte es in England bereits Denkmale und Benennung von Kirchen mit dem Namen Bonhoeffer gegeben, in Deutschland hatten sich immer wieder Menschen, auch Pfarrer gegen Benennungen von Straßen, Kindergärten und Kirchen gewehrt. Einzelne Initiativen hatten sich jedoch in Deutschland durchgesetzt.
In der Theologie nehmen seit den 50er Jahren die Schriften Bonhoeffers einen wichtigen, unverzichtbaren Platz ein. Sie regten an, neu über das Verhältnis der Kirche zur Welt nachzudenken, es neu zu bestimmen im Sinne Bonhoeffers „Die Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist.“ Erich Busse nannte erschreckende Beispiele und Zahlen und regte damit an, in einem Kreis, der sich um kulturvolles Miteinander seit Jahrzehnten bemüht, ein neues Gesprächsthema aufzunehmen.