Hoyerswerdaer Kunstverein, Schloss, am 30.09.2015
Zwischen Befremden und Bewundern
Christine Schillem, Hoyerswerda, mit einem Vortrag zu Israel heute: Ein Land voller Gegensätze
Für Christine Schillem ist die Faszination für Israel seit vielen Jahren mehr als eine Freizeitbeschäftigung, es ist für sie ein besonderes inneres Bedürfnis, was sich auch auf ihre Zuhörer überträgt, die angemessen mit Schalom begrüßt werden, was auf Hebräisch Friede, Heil und Gesundheit wünscht. Als Zugabe erhält jeder ein Glas von koscherem Wein gereicht und man erfährt, dass dieser Wein, den besonderen Reinheitsgeboten der Juden entspricht. Diese Gebote haben seit Jahrtausenden dafür gesorgt, dass Keime für die Übertragung von Krankheiten im jüdischen Volk kaum eine Rolle spielten, selbst die mittelalterliche Pest hatte wenig Chancen.
Christine Schillem erzählt von den großen Städten , von biblischen Landschaften und biblischen Propheten, von jüdischem Glauben und Unglauben, sowie von einzigartigen Begegnungen. Bei der Ankunft in der Hauptstadt Tel Aviv ist sie befremdet von dem ausgelassenen Nachtleben. Diese Stadt ist nicht nur die Hauptstadt, es ist auch die Stadt, in der das meiste Geld für sehr irdische Dinge ausgegeben wird, verdient wird es in der Hafenstadt Haifa, wo Firmen mit großen Namen ansässig sind, besonders bedeutende aus der Computerbranche. Als Dritte im Bund gilt Jerusalem, die Multikulti-Stadt, in der nicht nur Juden, sondern auch Christen, Moslems und armenisch-orthodoxe Christen beten. Auf dem berühmten Tempelberg steht der weithin sichtbare muslimische Felsendom und die Al-Aqsa-Moschee, die von Touristen nur von außen besichtigt werden dürfen, unweit davon die Grabeskirche Christi, die heute von Franziskanern betreut wird.
Am Rande des Tempelberges befindet sich die berühmte Klagemauer der Juden, die Westmauer des Tempelbergs, wo man früher Reste des Salomonischen Tempels vermutete. Vom genau gegenüber liegenden Ölberg mit dem Garten Gethsemane ist diese einzusehen. Noch immer ist der Tempelberg das höchst brisante Streitobjekt zwischen Juden und Muslimen.
Einen wesentlichen Faktor des jüdischen Glaubens bilden die fünf Bücher Moses und die Bücher der Propheten, worin ausführliche Verhaltensregeln für den Umgang untereinander oder für den Bau der Synagoge fest geschrieben sind, an die sich gläubige Juden bis heute halten. Vorher gesagt wird hier auch die Zerstreuung des jüdischen Volkes von einem bis ans andere Ende der Erde und seine fast völlige Vernichtung. Christine Schillem hat diese Texte an vielen Stellen ihres Vortrages zitiert. Sie hat auch ultraorthodoxe Juden beobachtet, die im Beruf einer wissenschaftlichen Tätigkeit mit höchsten modernen Ansprüchen nachgehen, jede Minute ihrer Freizeit aber , auch beim Warten auf den Bus oder an einer Einkaufskasse mit dem Lesen in der Thora ausfüllen. In einer der vielen Synagogen, der Synagoge des Hadassah-Krankenhauses der Universität, erlebt sie die berauschenden Farben der von Marc Chagall gestalteten Glasfenster, die den den zwölf Söhnen Jakobs gewidmet sind, und findet hier alles wieder, was dem jüdischen Glauben an Symbolen wichtig ist, das Zelt für das nicht Bleibende auf Erden, die Gesetzestafeln, die Menora und viele weitere.
In der etwas außerhalb gelegenen Gedenkstätte Yad Vashem, wird an die nationalsozialistische Judenvernichtung erinnert, die in Israel Schoah heißt. Die Namen von Ermordeten aus allen europäischen Ländern, darunter unzählige Kinder, schier endlos aneinandergereiht. So bewahren sie die Toten vor dem Vergessen.
Doch das Wichtigste in Israel waren für Christine Schillem die Begegnungen mit Menschen in diesem Land, die ihr das Gefühl gaben, dass eine Verständigung zwischen Israel und Palästina möglich ist. Dazu hat sie selbst mit ihrem Vortrag und ihrer Bewunderung ein wenig beigetragen.