Vom Zackenbarsch und anderen Gestalten - Masurische Geschichten
Matinee zum 85. Geburtstag des Schriftstellers Siegfried Lenz, am Sonntag, 9. Oktober 2011, 11.15 Uhr Schloss Hoyerswerda
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde,
Masurischer Humor, Fabulierfreude, origineller Einfallsreichtum, skurrile Geschichten menschlicher Originale, die die Herzen der Leser erreichen, bestimmen die Bücher des aus den Masuren stammenden Schriftstellers Siegfried Lenz.
Jost Hasselhorn, Frauenkirche Dresden, stellte ein Programm zusammen und wird damit bezaubern wie die Saxophon-Improvisationen von Konstantin Jahn, Dresden, der ihn begleitet.
Siegfried Lenz wurde 1926 in Lyck (Ostpreußen) geboren, 1943 Kriegsmarine, britische Gefangenschaft; ab 1945 Studium Philosophie, Anglistik und Literaturwissenschaft in Hamburg. 1950 Feuilletonredakteur bei der Zeitung „Die Welt“, Seit 1951 ist Siegfried Lenz freischaffender Schriftsteller. Im gleichen Jahr erschien sein erster Roman, dann „Deutschstunde“(1968), „Heimatmuseum“ (1978), „Exerzierplatz“ (1985), dazu Erzählungen und Novellen. Siegfried Lenz zählt zu den bekanntesten deutschsprachigen Erzählern der Gegenwart. Seine Bücher wurden in 35 Sprachen übersetzt und von ihnen 30 Millionen Exemplare verkauft. Dieser Tage erhält er die Ehrenbürgerschaft seiner Geburtstadt Lyck (jetzt: Elk)
„Diskrete Auskunft über Masuren
Im Süden Ostpreußens, zwischen Torfmooren und sandiger Öde, zwischen verborgenen Seen und Kiefernwäldern, waren wir Masuren zu Hause - eine Mischung aus pruzzischen Elementen und polnischen, aus brandenburgischen, salzburgischen und russischen.
Meine Heimat lag sozusagen im Rücken der Geschichte, sie hat keine berühmten Physiker hervorgebracht, keine Rollschuhmeister oder Präsidenten; was hier vielmehr gefunden wurde, war das unscheinbare Gold der menschlichen Gesellschaft: Holzarbeiter und Bauern, Fischer, Deputatarbeiter, kleine Handwerker und Besenbinder. Gleichgültig und geduldig lebten sie ihre Tage und wenn sie bei uns miteinander sprachen, so erzählten sie von uralten Neuigkeiten, von der Schafschur und vom Torfstechen, vom Vollmond und von seinem Einfluss auf neue Kartoffeln, vom Borkenkäfer oder von der Liebe. Und doch besaßen sie etwas durchaus Originales – ein Psychiater nannte es einmal die „unterschwellige Intelligenz“. Das heißt: eine Intelligenz, die Außenstehenden rätselhaft erscheint, die auf erhabene Weise unbegreiflich ist und sich jeder Beurteilung nach landläufigen Maßstäben versagt. Und sie besaßen eine Seele, zu deren Eigenschaften blitzartige Schläue gehörte und schwerfällige Tücke, tapsige Zärtlichkeit und eine rührende Geduld….“
(Aus: Siegfried Lenz „So zärtlich war Suleyken“, 1955)
Matin Schmidt