Ein Journalist stört immer – Wie die Reportage in die Zeitung kommt
Liebe Mitglieder und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
am Dienstag, dem 18. Januar 2011, um 19 Uhr gestaltet Karin Großmann, die Chefreporterin der Sächsischen Zeitung Dresden, im Schloss Hoyerswerda unser nächstes Gespräch am Kamin. Unter dem Titel „Ein Journalist stört immer – Wie die Reportage in die Zeitung kommt“ spricht sie über Journalismus, Aufgaben sowie Ziele der Reportage und stellt eigene Texte zur Diskussion.
Die Reportage fand erst Ende des 19. Jahrhunderts Eingang in die Zeitungen, erlebte jedoch bereits mit Egon Erwin Kisch einen ersten Höhepunkt. Er setzte Maßstäbe für dieses literarische Genre. Karin Großmann – in Chemnitz (K. Marx-Stadt) geboren und zur Schule gegangen, studierte in Leipzig Journalistik, arbeitet seit 1978 bei der Sächsischen Zeitung in Dresden. Sie war Redakteurin für Außenpolitik, für das Feuilleton – Theater, Bildende Kunst, Literatur –, nach 1990 Feuilletonchefin und ist heute die Chefreporterin der Sächsischen Zeitung Dresden.
Karin Großmann zählt zu den besten Kennerinnen deutscher und internationaler Literatur der Gegenwart und Vergangenheit. Ihre Rezensionen sind verlässliche Gradmesser, der Buchfreund kann sich darauf verlassen, von ihr empfohlene Texte mit Vergnügen zu lesen. Sie fällt keine Urteile, sondern verlockt zu eigenem Lesen. Man lese einmal ihre Betrachtungen zu Christa Wolfs neuestem Buch, zum Roman „Der Turm“ von Uwe Tellkamp oder jüngst zum Tod von Eva Strittmatter.
In der Reportage „An der Lagerstatt des Leselandes“ berichtete sie vom Pfarrer Martin Weskott, der in Katlenburg Bücher aus DDR-Beständen vor der Vernichtung rettete, „er fördert Nachdenklichkeit. Er hat Helfer in der Gemeinde, kaum welche im Staat.“ Sir entdeckte für ihre Leser den Verlag „Poetenladen“ in Leipzig und dessen Bücher stellte die Buchhandlung junger Leute in Dresden vor, die eigene Wege gehen.
Die Stiftung Lesen in Mainz berief sie in die Jury für ihren Buchpreis, der jungen Lesern zugesprochen wird. Der Bundesverband der deutschen Zeitungsverleger verlieh ihr den Theodor-Wolff Preis: „Ihr lakonisches, schnörkelloses Deutsch ist beispielhaft für einen modernen Reprotagestil“.
Karin Großmann ist eine Entdeckerin von Schicksalen. Wie sie diese findet, wird sie an unserem Abend erzählen Auf Seite drei der SZ regt sie Leser an, Zeitgenossen kennen zu lernen, die still beharrlich selbst gewählte Aufgaben erfüllen, eilt nicht Aufsehen erregenden Ereignissen nach.
Die Chefredakteurin schrieb Reportagen zu Konrad Zuses 100. Geburtstag in Hoyerswerda, besuchte Herrenhut, in Görlitz erinnerte sie an Johannes Wüsten und sein vielfältiges Erbe: „Der Mann verdient bekannt zu sein“. Sie stellt Menschen unserer Tage vor: zwei Drillingspärchen in einem Ort; den Schauspieler Thomas Rühmann mit seinem privaten „Theater in Zollbrücke am Ende der Welt“ im Oderbruch. „Leben für einen Traum“ überschrieb sie ihre Reportage zur Palucca Hochschule in Dresden und bewunderte Disziplin und Grazie der jungen Tänzer. Sie erzählte von Bürgern in Walda-Kleinthiemig, denen der Tornado das Haus, nicht den Lebensmut zerstörte.
Karin Großmann ermutigt ohne Appelle, ohne Phrasen, selbst bescheiden macht sie einfühlsam mit gleich gesinnten Menschen bekannt. Lobhudelei ist ihr fremd, sachliche Einwände oder Zweifel äußert sie in einer Weise, die akzeptiert werden kann. Die Reportage „Eine Märchenstunde in der Staatskanzlei“ rief Lächeln, kein Kopfschütteln hervor.
Karin Grossmann ist eine Meisterin der Reportage, eine Liebhaberin von Büchern unterschiedlicher Genre, eine bescheidene Gesprächspartnerin, die gern aufmerksam zuhört. Sie freut sich über anregende Gedanken, neue Ideen und kritische Fragen.
Wir würden uns freuen, wenn wir Sie, Ihre Partner, Ihre Freunde und die der Reportagen an diesem Abend begrüßen dürften.
Mit freundlichen Grüßen Martin Schmidt