Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte als Lernort entdeckt
Neun Schülerinnen des Lessing-Gymnasiums Hoyerswerda entdeckten diese Woche die Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte als außerschulischen Lernort. Ihre Deutschlehrerin Angela Potowski und Martin Schmidt, Vorsitzender des Hoyerswerdaer Kunstvereins, stellten den 16-, 17-Jährigen während des Reimann-Spaziergangs das literarische Schaffen und den Alltag der Autorin in Hoyerswerda vor.
Von 1960 bis 1968 erlebte Brigitte Reimann den raschen Aufbau der Neustadt mit, in der viele moderne Wohnungen für die Beschäftigten des Gaskombinates Schwarze Pumpe entstanden, erzählte Augenzeuge Martin Schmidt. Die Schriftstellerin habe aber auch sehr schnell erkannt, dass kulturelle Betätigung ebenso Teil des Lebens sein soll. Erfolgreich sorgte sie dafür, dass entsprechende Räume geschaffen wurden. Das heutige Jugendklubhaus "Ossi" am Rande des Wohnkomplexes (WK) I ist 1964 auf ihr Betreiben hin entstanden, sagte Martin Schmidt den Schülerinnen. Durch die mutige Rede der Schriftstellerin vor dem Nationalrat der Nationalen Front kam die LR-Leserdiskussion "Kann man in Hoyerswerda küssen?" in Gang. Viele Bürger äußerten sich darin erstaunlich freimütig über Probleme beim Aufbau der "zweiten sozialistischen Wohnstadt". Das Theater, das die 1973 viel zu früh gestorbene Autorin schon in den 1960er Jahren gefordert hatte, wurde 1984 als "Haus der Berg- und Energiearbeiter", heute Lausitzhalle, eröffnet. Mit dem Roman "Franziska Linkerhand" hat Brigitte Reimann Hoyerswerda ein heute weltweit beachtetes literarisches Denkmal gesetzt, sagte Martin Schmidt. Auf tschechisch, italienisch und aktuell auf englisch sei das Buch zu lesen. Nächstes Jahr wird die spanische Übersetzung von Ibon Zubiaur zu haben sein.
Brigitte Reimann hat den Kontrast zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Aufbau von Hoyerswerda thematisiert, erklärte Angela Potowski. Illustrierend dazu las sie während des Reimann-Spazierganges Leah-Celine Madysa, Sophie Kochta und ihren Mitschülerinnen Textstellen am Wohnhaus der Autorin im WK I und anderen authentischen Orten vor. Nach dem Zuhören bestätigte Celine Richter Brigitte Reimanns Aussage über das "graue" Hoyerswerda, die sie auch von ihrer Mutti schon gehört hatte. Diese sei zur DDR-Zeit aus dem grünen Thüringen zugezogen und habe die Stadt so empfunden Jetzt sei Hoyerswerda viel bunter, fügte das Mädchen aus eigenem Erleben hinzu. Leah-Celine Madysa erzählte von der Kulturfabrik Hoyerswerda und den kulturellen Angeboten, die junge Leute dort nutzen können. Die Begegnungsstätte "als originaler Ort" mache neugierig darauf, Hoyerswerdas Geschichte zu entdecken, schrieben die Schülerinnen am Ende der Führung ins Gästebuch der Reimann-Begegnungsstätte.
Mit freundlicher Genehmigung von Lausitzer Rundschau, Hoyerswerda