Von der Utopie zur Realität

Martin Schmidt begrüßt Michael Leetz zu einem Vortag über Andrej PlatonowMichael Leetz liestIm Hoyerswerdaer Kunstverein entspann sich beim jüngsten Literaturgespräch am Kamin ein lebhafter Gedankenaustausch nach einem Vortrag des Berliner Slawisten und Historikers Michael Leetz. Sehr einfühlsam folgte der Referent dem kurzen, spannungsreichen Leben des sowjetischen Autors Andrej Platonow (1899-1951) und brachte ihn damit seinen Zuhören nah: Lokomotivschlosser wie sein Vater wurde dieser in Woronesh zum Elektro- und zum Meliorations-Ingenieur ausgebildet. Neben dieser Tätigkeit, die er mehrere Jahre im Schwarzerdegebiet erfolgreich ausübte, begann er in Zeitungen über Menschen, seine Tätigkeit und Aufgaben der Zeit zu schreiben. Bereits dabei kamen seine Beobachtungsgabe, seine Begabung zum Erzählen und sein Wille, Ideen praktisch zu verwirklichen, zusammen. Der Techniker-Literat erkannte dabei einerseits die Last der Vergangenheit mangelnden Wissens und fehlender Bereitschaft zum Lernen bei der traditionellen ländlichen Bevölkerung. Andererseits hemmte die immer stärker werdende Verwaltungsbürokratie der jungen Sowjetunion das praktische Umsetzen von Ideen. In seinen Büchern prangerte er die Überschätzung von Ideologie und die Vorherrschaft theoretischer Phrasen an. Er ging nach Moskau, begann als Schriftsteller diese Probleme aufzuzeigen und begegnete dem persönlichen Zorn Stalins. Selbst Maxim Gorki, der ihn schätzte, vermochte ihm nicht zu helfen. Michael Leetz las ausgewählte Erzählungen, andere fasste er kurz zusammen und belegte mit ausführlichen Zitaten die von Platonow erkannte “Notwendigkeit ökologischer Wirtschaft“ in der Welt. War der Schriftsteller damals seiner Zeit voraus und wurde von der Bürokratie immer wieder ausgebremst, erwiesen sich seine Überlegungen für das Publikum, das mehrheitlich technische Berufe vertrat, als ein guter Einstieg ins Nachdenken über die Aktualität seiner Ideen heute. Bedauerlich sei, dass Platonow zu wenig bekannt sei, erkannte man, seinen Weg von Utopie zur Wirklichkeit zu beschreiten, sei heute erforderlich, um neue reale Lösungen zu finden und zu verwirklichen. Dabei geht es weniger um ökonomische Vorteile, wie oft scheinen mag, sondern vielmehr um die Zukunft der menschlichen Gesellschaft auf der Erde. Platonows Utopie muss Realität werden durch das Handeln aller verantwortlich Denkender . In dem Sinne wird der Kunstverein den Dialog mit Literatur, Kunst und Michael Leetz zu diesen Fragen fortsetzen. 

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