Irina Liebmann stellt ihr Buch vor: Wäre es schön? Es wäre schön. Mein Vater Rudolf Herrnstadt
Aus dem Buch ins Leben „Was aber bleibt, stiften die Dichter“, dieser Satz von Friedrich Hölderlin mochte manchem Besucher einfallen, der Irina Liebmann jüngst bei Literaturgespräch und Lesung im Hoyerswerdaer Kunstverein hörte. Den meisten von ihnen war der Mann unbekannt, von dem sie da erzählt wurde. Doch er gehörte einst zu den Großen oben im erst fünf Jahre bestehenden kleinen Staat DDR: Ihr Vater Rudolf Herrnstadt. Fünfzig Jahre nach jenem Sturz arbeitete die Tochter dessen Geschichte auf, nicht als trockenes Lehrbuch voller Daten, Namen, Fakten. Irina Liebmann setzte sich als Dichterin zu ihren Zuhörern, erzählte locker ihr eigenes Erleben mit den Aufstiegen, Wagnissen und Stürzen ihres Vaters, sie präsentierte den Roman eines Lebens, spannend wie ein Krimi. Dieses Buch machte neugierig, es fordert geradezu Nachdenken über die hinter jedem liegenden Jahrzehnte heraus. Entsprechend lebhaft wurde die Diskussion, förderte nicht immer Neues zu Gehör, zeigte jedoch Betroffenheit bis zur Frage „Was ist heute?“. „Ich lebte in den fünfziger Jahren, engagierte mich für die FDJ und erfuhr bis heute nichts, was damals anderen Menschen geschah“, bekannte ein Gast. Andere hörten erstaunt, dass die KPD keine Intellektuellen als Mitglieder aufnahm. Irina Liebmann sprach von der ungeahnten Fallhöhe eines Menschen in der kommunistischen Weltbewegung, die ihr Vater und andere erlitten. Er schrieb ein Jahr vor seinem Tod: „Der Widerspruch ist das innerste Element jeder Erscheinung, ein unabdingbarer, höchst fruchtbarer Ausweis von Existenz.“ Er wollte dienen, sagt seine Tochter heute, und wurde verstoßen. Wie vielen Menschen das auch heute unter anderen Verhältnissen begegnet, ließ die Diskussion offen. Die Frage bleibt bestehen. Literatur gibt Anstöße, die Antworten müssen im Leben gefunden werden.