Die Lust an der Sprache macht den Dichter
Das war deutlich zu spüren in dem neuen Lyrik-Band „Der Tiger im Pyjama“ von Benedikt Dyrlich. Pünktlich zum 100. Geburtstag der Domowina hatte ihn der Domowina Verlag Bautzen herausgebracht. Benedikt Dyrlichs Frau Monika, die Leiterin der Smoler´schen Verlagsbuchhandlung Bautzen, Annett Scholze und viele andere sorbische sowie deutsche Gäste wohnten der Veranstaltung bei, die der Hoyerswerdaer Kunstverein organisiert hatte.
Der Dichter stellte seine in den letzten fast 40 Jahren auf sorbisch und deutsch verfassten Liebesgedichte erstmals in einer deutscher Lesung vor. „Meine Frau ist der Tiger aus dem Buch“, bekannte der Autor.
Nach dieser Offenbarung las er wunderschöne Geschichten-Gedichte auf deutsch und sorbisch in „verdichteter Sprache“, das bedeutet, sie waren auf das Wesentliche reduziert und dennoch poetisch. Eigene Erlebnisse auf Ausflügen, eine Trennungssituation und der Alltag in seiner Bautzener Hochhauswohnung lieferten den Stoff dafür. Ein Gedicht beschrieb eine Flucht und das war für die Stasi Anlass genug, das Werk zu konfiszieren, erzählte der Autor. Dass es nicht um Republikflucht ging, haben die Verantwortlichen gar nicht begriffen. Erst viele Jahre nach dem Ende der DDR bekam Benedikt Dyrlich überraschend seine Handschrift aus den Stasiunterlagen zurück.
Zwei andere Gedichte des Bandes schrieb er zu Bildern des weltbekannten, aus Kamenz stammenden Malers, Georg Baselitz. Dieser stellte für das Cover sein Bild „Schlafzimmer“ ohne Lizenzgebühr zur Verfügung, so Benedikt Dyrlich. Seinen Dank dafür teilte er stellvertretend den Familienangehörigen von Georg Baselitz mit, die der Buchpremiere beiwohnten.
Warum Dyrlich genau so und nicht anders schreibe, wurde er von Zuhörern gefragt. Die Hinwendung zur Sprache begann schon in seiner Kindheit. „Meine Deutschlehrerin ließ uns Gedichte eigener Wahl rezitieren und sie zeigte uns so die Schönheit und Vielfalt des Deutschen und Sorbischen“, erinnerte sich Benedikt Dyrlich. Dazu kam die Herzensbildung, die er von seiner Mutter erfuhr. Später arbeiteten die sorbischen Dichter unter Kito Lorenc zusammen. „Eine kleine Universität“ beschrieb Benedikt Dyrlich diese Zeit. Vor allem habe Kito Lorenc gefordert: „Schreibt keine Gedichte mit abgedroschenen Formulierungen, findet eine eigene Sprache.“ Der Kontakt mit moderner Malerei und Literatur verschiedener Länder weitete den Horizont des jungen Dyrlich und ermöglichte ihm einen neuen Blick auf seine sorbische Muttersprache. „Alle sorbischen Dichter des 20. Jahrhunderts gemeinsam haben sie in die moderne Zeit geholt“, stellte er fest.
Nun sei sein Ziel, das Sorbische und das Deutsche in seiner Vielfalt zu erhalten. Deshalb habe er jedes Gedicht des neuen Buches in die jeweils andere Sprache übersetzt. Das war nicht so einfach, denn Sprachrhythmus und Inhalt mussten übertragen werden, so Benedikt Dyrlich. Dabei „muss Sprache faszinierend, heimlich oder spannend sein“. Um so zu schreiben sei es notwendig, die sorbische und deutsche Hochsprache zu erlernen, denn diese Kenntnisse ermöglichen klares Formulieren.
Mit freundlicher Genehmigung von Sächsischer Zeitung, Hoyerswerdaer Tageblatt.