Ein "Denkzeichen" für Brigitte Reimann in der Stadt Hoyerswerda sorgt für Diskussionen
Offener Brief von Wolfgang Kil an:
Oberbürgermeister der Stadt Hoyerswerda, Stefan Skora,
Margitta Faßl, Geschäftsführerein der Wohnungsgesellschaft Hoyerswerda,
Martin Schmidt, Vorsitzender des Kunstvereins Hoyerswerda, veröffentlicht am 13.05.2011 in Lausitzer Rundschau und Sächsischer Zeitung (Auszug):
"... mit Freude habe ich Pressemeldungen entnehmen könnem, dass Brigitte Reimann in Hoyerswerda ein "Denkzeichen" erhalten soll. Die Absicht ist nobel und steht in einer guten Tradition öffentlicher Würdigung verdienstvoller Bewohnerinnen und Bewohner einer Stadt. Kulturverein und Städtische Wohnungsgesellschaft nutzen ihre bereits erprobten Arbeitbeziehungen zu einem recht vielseitigen Künstler aus der Landeshauptstadt, Thomas Reimann, um sich von letzterem eine "Große Liegende" mit markantem "langen Zopf" entwerfen zu lassen, angereichert mit literarischen Zitaten und finanziell durchkalkuliert vom Klinkerbrand bis zur Aufstellung im neuen Park. Um Spenden einzuwerben , mag solche Vorgehensweise praktisch sein - ob damit aber ein dem Anlass wirklich angemessenes Kunstwerk entsteht, mag fraglich sein... War es wirklich das Hantieren mit rotem Backstein, an dem Franziska, die Romanheldin der Brigitte Reimann, so dramatisch verzweifelte? ... Gründet ihr - meinetwegen umstrittener - Ruhm also nicht eher auf dem Baustoff Beton? Wie verlässlich sollen denn die Geschichten sein, die sie von Ihrer öffentlichen Kunst erhoffen?" ... Machen Sie die Idee einer Brigitte - Reimann - Ehrung zur Sache einer möglichst breiten, nicht nur lokalen Öffentlichkeit! Gönnen Sie der hoch geachteten deutschen Schriftstellerin den "Luxus" einer landes-, besser noch bundesweiten Aktion...Schreiben Sie einen Wettbwerb aus! Wolfgang Kil, Architekturhistoriker.
Antwort des Vorsitzenden des Kunstvereins, Martin Schmidt, am 13.05.2011 (Auszug):
... Ihre Zustimmung zu unserer Idee, in Hoyerswerda-Neustadt ein Reimannzeichen zu schaffen, freut uns, vor allem auch in der von Ihnen betonten Bedeutung einerseits für unsere Mitbürger, andererseits für die Brigitte-Reimann-Verehrer in anderen Städten und Ländern. Das bisherige Echo auf unsere Bitten um Spenden lässt uns hoffen, für das Zeichen ebenso positive Aufmerksamkeit zu wecken wie für die Uraufführung der Oper „Linkerhand“ in Hoyerswerda im Jahr 2009.
Mit dem Reimannzeichen wollen wir nicht nur daran erinnern, dass die Schriftstellerin ihre schöpferisch wirksamsten Jahre ihres leider sehr kurzen Lebens in Hoyerswerda wohnte und arbeitete, sondern auch daran , dass sie uns damals ermutigte, den Freundeskreis der Künste und Literatur, mit dem sie zahlreiche Gespräche führte, zu bilden und uns ermutigte, unseren Beitrag zu kulturvollem Miteinander in der neuen Stadt zu leisten.
In ihren Büchern erzählt sie von jenen Aufbruchsjahren und lenkt mit ihnen die Blicke der Literaturfreunde und Architekturinteressierten über Zeit- und Ländergrenzen hinweg auf Hoyerswerda... über den Umgang mit Ideen, Wünschen und Träumen junger Leute. Entschuldigen Sie bitte, dazu Ihnen mehr zu sagen, hieße Eulen nach Athen tragen, zumal ich durch Ihre Vorträge und Bücher Ihre engagierte Haltung zu schöpferischen Lösungen dieser Fragen kenne. Auch daher interessierte mich Ihr Brief.
Es tut mir leid, dass wir kein direktes Gespräch miteinander führen konnten, um einige Gedanken zu vertiefen und um irrtümliche Informationen zu klären. Wir wären uns gewiss schnell einig geworden, denke ich. Zum Beispiel die von Ihnen erwähnten und von uns geschätzten Bildhauersymposien, die unser einstiger Gesprächspartner Jürgen von Woyski initiierte, zeigen zwar unterschiedliche Handschriften und künstlerische Aussagen, sind m. E. als Hinweis auf Kunst-Wettbewerbe wenig hilfreich, da zu ihrer Zeit auf andere Weise und nach anderen Auswahlprinzipien organisiert wurden.
Gleiche Zweifel hege ich bei Ihrem Hinweis auf die Wirkung von Beton als Material für dieses neue Kunstwerk. Wir beobachteten mehrfach, dass Mauersteine- in diesem Fall gebrannte Klinkersteine - Betrachter sehr schnell und nachdrücklich Bauen assoziieren lassen, auch Wachsen, Bewegung und Erdgebundenheit, Umgestalten und Werden usw. Zeichen dieser Gestaltung wurden mühelos mit Brigitte Reimanns Roman „Franziska Linkerhand“ in Verbindung gebracht.
Wir vertrauen der Phantasie der Betrachter. Die Zustimmung und Spendenfreudigkeit aus Stadt und weitem Umkreis bis ins Ausland bestätigt unsere Haltung. Ich hoffe, Sie teilen unsere Freude.
Unser Bitte um Geld-Spenden für dieses konkrete Kunstwerk erging bereits vor vier Monaten. Bisher kam niemand unserer Mitbürger auf eine solche oder eine andere Idee, aus eigener Kraft Zeichen zu schaffen, obwohl es gewiss mehrere Anlässe gäbe, Zeichen zu setzen, an Menschen zu erinnern, die in Hoyerswerda nicht vergessen werden sollten. Sind es doch Menschen, die den Geist einer Stadt, eines Ortes bilden.
Wir denken, Brigitte Reimann würde dem von uns gewählten Zeichen zustimmen, denn sie wollte Gespräche fördern, Phantasie stärken, Ideen wecken, schöpferische Kräfte in diesen neu geschaffenen Städten frei setzen. Meinen Sie nicht, dass dies geschehen kann, wenn zu Füßen des Reimannzeichens Jung und Alt sich Geschichten vom Einst erzählen und Ideen für zukünftiges Miteinander austauschen? Wir haben damit begonnen, bitte helfen sie uns, dieses Ziel gut und schnell zu vollenden. Martin Schmidt
Mirko Kolodzeij, Sächsische Zeitung vom 18.05.2011 (Auszug):
Reimann - Plastik wird ohne künstlerischen Wettbwerb entstehen.
Auf wenig Gegenliebe stößt die die Anregung des Archtekturhistorikers Wolfgang Kil, die Gestaltung ... der geplanten Brigitte Reimann-Skulptur einem Wettbewerb zu überlassen... Vorgesehen ist, einen Entwurf des Dresdener Künstlers, Thomas Reimann, zu realisieren... Margitta Faßl, die Chefin der Wohnungsgesellschaft, weist darauf hin, dass die Idee von Thomas Reimann selbst stammt, nicht einmal aus Hoyerswerda ist sonst jemand auf diesen Gedanken gekommen... Brigitte Reimann wäre über eine Plastik aus Beton möglicherweise sogar beleidigt, sie hat ja schließlich immer für mehr Individualität in der Stadt gekämpft.
{xtypo_quote} Zitat Brigitte Reimann: Ich habe nicht mein Buch geschrieben, um es in das Maul dieser Häuserfabrik von N. zu werfen und zermalmen zu lassen. Es muss, es muss sie geben, die kluge Synthese zwischen Heute und Morgen, zwischen tristem Blockbau und heiter lebendiger Straße, zwischen dem Notwendigen und dem Schönen, und ich bin ihr auf der Spur und ach, wie oft, zaghaft, und eines Tages werde ich sie finden. {/xtypo_quote}
Detlef Degner zum Offenen Brief von Wolfgang Kil (Auszug):
Die Wortmeldung des Architekturkritikers Wolfgang Kil in der "SZ - Tageblatt Ausgabe" vom 13.5.2011 unter der Überschrift "Reimann-Skulptur wäre einen Wettbewerb wert" finde ich sehr eigenartig. Bei flüchtiger Betrachtungsweise könnte man sagen, der Mann hat recht, aber bei genaueren Nachdenken stellt man fest, der Beitrag bzgl. "Ausschreibung" ist unangemessen... Der Gedanke, im durch die Wohnungsgesellschaft zu schaffenden Park, eine Skulptur von Brigitte Reimann zu integrieren, ist eine hervorragende Idee. Der bisherige Verlauf der Spendeneingänge ist ein sehr, sehr positiver Vorgang und freut viele Hoyerswerdaer Bürger. Die von Herrn Wolfgang Kiel vermisste offizielle Ausschreibung ist in keinster Weise durch den Kunstverein Hoyerswerda möglich. Finanz- und Zeitumfang bewegt sich in Dimensionen die nicht zu bewältigen sind. Weiterhin sei angemerkt, daß eine Ausschreibungspflicht für den privaten Kunstverein nicht notwendig ist.
Ich finde es ist eine wunderbare Sache und wünsche mir weitere finanzielle Spenden der Bürger, um die wunderbare Reimann-Skulptur Wirklichkeit werden zu lassen.
Ich bin überzeugt, wenn Herr Wolfgang Kil den gesamten Vorgang und die objektiven Umstände beachtet hätte, sein Ausschreibungstandpunkt nicht mehr vorherrschend wäre.Freundliche Grüße,Detlef Degner, Collinsstr. 9, Hoyerswerda.