Brigitte Reimanns Werk überrascht immer aufs Neue

Helene Schmidt, rechts, liest aus dem Briefwechsel zwischen den Autoren Brigitte Reimann und Wolfgang SchreyerDavon konnten sich alle Besucher überzeugen, die Samstag zum 85. Geburtstag der Autorin Brigitte Reimann in die gleichnamige Begegnungsstätte im Wohnkomplex I gekommen waren. Der Hoyerswerdaer Kunstverein hatte eingeladen und seine stellvertretende Vorsitzende, Helene Schmidt, las aus dem neu erschienenen Briefwechsel „Ich möchte so gern ein Held sein“ zwischen den verstorbenen Schriftstellern Brigitte Reimann und Wolfgang Schreyer. Das Buch wurde herausgegeben von der Reimann-Bibliografin Kristina Stella und Prof. Carsten Gansel von der Universität Gießen.
Wolfgang Schreyer und Brigitte Reimann hatten sich 1955 in der Arbeitgemeinschaft Junger Autoren Magdeburg kennen gelernt und hielten Freundschaft bis 1973, als die 1933 geborene Schriftstellerin viel zu früh an Krebs verstarb. Die Briefe der beiden erinnern heute lebendig an jene Zeit des Aufbaus und die Probleme, die damals dringend einer Lösung bedurften. Schreyer, der zeitlebens in Ahrenshoop an der Ostsee wohnte, dachte schreibend über den Sinn sozialistischer Schriftstellerkongresse nach. Die in Burg bei Magdeburg geborene Reimann machte sich Gedanken über die Qualität von Theaterstücken und Filmen ihrer Kollegen, die nicht immer die wichtige Aufgabe erfüllten, Zuschauer zur ehrlichen Auseinandersetzung mit der DDR-Realität anregten.
Brigitte Reimanns eigene Werke, allen voran ihr leider unvollendet gebliebener, postum 1974 erschienener großer Roman „Franziska Linkerhand“, erfüllen diesen Anspruch unbedingt und werden heute weltweit gelesen. Der Hoyerswerdaer Diplomingenieur Gerhard Schlegel, der selbst seit vielen Jahren Leserbriefe schreibt, sagte anerkennend: “Dass sie so denken kann“, und die studierte Germanistin Helene Schmidt ergänzte „und formulieren.“
Mit „Franziska Linkerhand“ setzt Brigitte Reimann den Erbauern von Hoyerswerda-Neustadt ein Denkmal und forderte schon damals offen, dass neue Städte nicht ohne Kultureinrichtungen und Kommunikationsräume für ihre Bewohner gebaut werden dürfen. Die Reimann beließ es aber nicht beim Schreiben, sondern kämpfte von 1960 bis 1968, als sie in der Liselotte-Hermann-Straße 20 lebte, selbst für Verbesserungen. Im Kontakt mit dem Hoyerswerdaer Aufbaustab und dem DDR-Staatschef Walter Ulbricht setzte sie 1964 den Bau des Jugendclubhauses Ossi und später den des Centrum-Warenhauses durch, erzählte der Kunstvereinsvorsitzende Martin Schmidt. 1968 wurde das Kaufhaus eröffnet, das heute Teil des Lausitzcenters ist.
Martin Schmidt gab auch den Hinweis, dass Heide Hampel und Angela Drescher zu Ehren des Geburtstages das Buch „Post vom Schwarzen Schaf“ herausgegeben haben. Es beinhaltet den Briefwechsel zwischen Brigitte Reimann und ihren Geschwistern Ludwig, Ullrich und Dorothea. Beleuchtet wird vorwiegend das private Leben der Familie.