Christa Wolfs Briefe dokumentieren Zeitgeschichte

Sabine Wolf besucht die Brigitte-Reimann-Begegnungsstätte Hoyerswerda, 2017.Die ostdeutsche Autorin Christa Wolf schrieb neben Büchern auch ca. 15.000 Briefe und 483 davon sind im 2016 erschienenen Buch "Christa Wolf - Briefe von 1952 bis 2011" unter dem Titel "Man steht bequem zwischen allen Fronten" versammelt.
Sabine Wolf, stellvertretende Direktorin des Archivs der Akademie der Künste Berlin und Leiterin des dortigen Literaturarchivs stellte sich dieser Riesenarbeit, genau jene Schriftstücke auszuwählen, die Christa Wolfs Entwicklung im Schreiben und im Leben dokumentieren, Sabine Wolf, die nicht verwandt ist mit der ostdeutschen Autorin, sprach auf der vorgestrigen Veranstaltung des Hoyerswerdaer Kunstvereins im Zoocafe "Sambesi" über ihr Buch. Die veröffentlichten Briefe zeigen auch verschiedene Facetten des Ausdruckes von Christa Wolf, die vom Adressaten abhingen, sagte die Archivleiterin. Drei Jahre lang habe sie das Material gesichtet und in detektivischer Arbeit alle darin genannten lebenden und kürzlich verstorbenen Personen ermittelt. Jeder vom Autoren bis zum Leserbriefschreiber oder deren Erben mussten die Namen zur Veröffentlichung freigeben, erklärte Sabine Wolf.
Sie las auf der Veranstaltung einige Texte, von denen einer im Zusammenhang mit der Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann 1976, gegen die Christa Wolf und ihre Kollegen offen protestiert hatten, an den Staatschef Erich Honecker ging. Die Ansichten der Autorin kollidierten seit den späten 1960er Jahren immer öfter mit denen der DDR-Oberen, erzählte Sabine Wolf. "Nachdenken über Christa T." erschien 1968 in kleiner Auflage und wurde kritisiert, weil Marcel Reich-Ranicki es gelobt hatte und der Luchterhand-Verlag das Buch 1969 druckte. Damals wusste Christa Wolf auch vom Berufsverbot ihrer tschechischen Freundin und Kollegin Františka Faktorova. 1973 schrieb sie ihr: "Liebe Franci, ..., könnte Dir noch manches erzählen, was man besser beredet." Das bedeutete, so Sabine Wolf, dass die Schriftstellerin von ihrer Briefüberwachung durch die Stasi wusste. Christa Wolf hatte über PEN-Club-Tagungen im westlichen Ausland Kontakte zu Günter Grass oder Heinrich Böll und durch Lese- sowie Lehrmöglichkeiten in der Bundesrepublik und später den USA einen anderen Blick auf die DDR. Sie blieb im Land, während Wolfs Freunde, die Lyriker Sarah und Rainer Kirsch und Künstler wie Manfred Krug nach der Biermann-Ausbürgerung ausreisten. In den 1990er Jahren musste Christa Wolf, die vor ihrer Autorentätigkeit kurz für die Stasi gearbeitet hatte, damit umgehen, als "DDR-Staatsdichterin" beschimpft zu werden, sagte der Berliner Gast. Sabine Wolf erklärte auch, dass das Archiv der Akademie der Künste das bedeutendste im Bereich Kunst und Kultur im deutschsprachigen Raum ist und Objekte seit 1696 besitzt.
Freitag früh besuchte sie die vom Kunstverein betriebene Brigitte-Reimann Begegnungsstätte im Wohnkomplex 1 und hörte dort, dass Christa und Gerhard Wolf in Hoyerswerda. gelesen haben. Damals begann die über 40jährige Freundschaft der Wolfs mit Martin und Helene Schmidt, den Kunstvereinsgründern. Begeistert las Sabine Wolf diesen Briefwechsel und lobte die "total verdienstvolle Arbeit", die in der Begegnungsstätte geleistet wird:

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